Politik

Grüner Nachwuchs Was nach der Generation Trittin kommt

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Grünen wagen den Führungswechsel. Kerstin Andreae, Simone Peter, Anton Hofreiter – immer mehr Mitglieder geben ihre Kandidatur für ein Spitzenamt bekannt. Viele hören diese Namen nun zum ersten Mal.

Mögliche neue Parteivorsitzende

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Simone Peter will Claudia Roth beerben. Die 47 Jahre alte Saarländerin bewirbt sich um das Amt der Bundesvorsitzenden. Nach ihrem Studium der Mikrobiologie promovierte sie. Peter baute in Berlin die Agentur für Erneuerbare Energien der Bundesregierung mit auf. Bei den Grünen ist Peter seit 1996. Schon drei Jahre später übernahm sie im Saarländer Landesvorstand den Posten der umwelt- und energiepolitischen Sprecherin. Zwischen 2009 und 2012 war sie Landesministerin für Umwelt, Energie und Verkehr. Innerparteilich zählt Peter zum linken Flügel. Gegenkandidaten gibt es bisher nicht. Roth will nach der Wahlniederlage nicht erneut kandidieren.

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Cem Özdemir zählt sicherlich nicht zum Parteinachwuchs. Zwar ist er mit seinen 47 Jahren deutlich jünger als die Generation um Jürgen Trittin. Doch der gebürtige Baden-Württemberger mit türkischen Wurzeln ist schon seit 2008 Bundesvorsitzender der Partei. Das will er auch nach dem Debakel der Grünen bei der Bundestagswahl bleiben. Und seinem persönlichen im Wahlkreis Stuttgart 1. Er verlor gegen einen CDU-Politiker. Özdemir zählt zum Realo-Flügel. Eine offizielle Gegenkandidatur hat bisher niemand bekanntgegeben.

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Robert Habeck ist allerdings ein Name, der seit Jahren fällt, wenn es um ein Spitzenamt in der Partei geht. Der Energiewendeminister aus Schleswig-Holstein könnte Özdemir Konkurrenz machen – wenn er denn wollte. Habeck kam 1969 in Lübeck zur Welt. Er stellt den Gegenentwurf zum klassischen Berufspolitiker dar. Nach einem Studium der Germanistik, Philosophie und Philologie arbeitete er zusammen mit seiner Frau als Schriftsteller. Erst 2002 trat er bei den Grünen ein. Sein Aufstieg in der Partei war dann allerdings rasant. Schon 2004 übernahm er das Amt des Landesvorsitzenden. Bei der Landtagswahl 2009 war er Spitzenkandidat, dann Fraktionschef. Seit der Landtagswahl im vergangenen Jahr ist er Minister und stellvertretender Ministerpräsident. Habeck ist als undogmatischer Realo bekannt und hätte Özdemir wohl einiges entgegenzusetzen. Der zeichnet schließlich auch für die Wahlniederlage verantwortlich. Zuletzt brachte Habeck wohl auch angesichts seiner Verantwortung im Land eine Kampfkandidatur aber nicht ins Spiel. Bis zum Parteitag im Oktober, auf dem die Delegierten den neuen Vorsitz wählen, sind es aber noch ein paar Wochen.

Streit um die Fraktionsführung

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Katrin Göring-Eckardt bewarb sich als erstes um das Amt der Fraktionschefin, nachdem ihre Kollegin vom Realo-Flügel, Renate Künast, ihren Verzicht angekündigt hatte. Ihre Kandidatur war allerdings von Anfang an umstritten. Göring-Eckardt kam 1966 in Thüringen zur Welt. Nach der Wende baute sie die Partei im Osten mit auf. Schon seit Mitte der 1990er Jahre ist sie im Bundesvorstand vertreten, war zunächst einfache Bundestagsabgeordnete, dann Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion und von 2002 bis 2005 auch Fraktionsvorsitzende. Selbst als sie 2005 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages wurde, fiel sie der Mehrzahl der Bürger allerdings kaum auf. In der Partei war Göring-Eckardt dafür umso bekannter. Sie war es, die die Agenda 2010 in der Fraktion gegen große Widerstände durchboxte. Die evangelische Christin hatte lange den Ruf einer Brückenbauerin zu Schwarz-Grün. Als die Partei sie bei ihrer Urwahl aber zur Spitzenkandidatin für den Bundestagswahlkampf kürte, änderte sie ihre Haltung. Manch ein Realo war damit nicht einverstanden.

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Kerstin Andreae könnte Göring-Eckardt aus genau diesem Grund das Amt streitig machen. Die stellvertretende Fraktionschefin lässt es auf eine Kampfkandidatur ankommen. Der 44-Jährigen sagen viele Grüne beste Verbindungen in die Wirtschaft nach. Die Baden-Württembergerin studierte Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Freiburg. In die Parteiarbeit stieg sie schon 1991 ein. Sie wurde Landesvorstand der Grün-Alternativen Jugend in Baden-Württemberg, 1999 dann der Grünen im Ländle. Im Bundestag sitzt Andreae seit 2002. In einem Schreiben an ihre Fraktionskollegen heißt es: Sie wolle "neue Brücken zur Wirtschaft und in die Gesellschaft schlagen" und Arbeitnehmerinnen, Handwerker und Unternehmerinnen für die "Idee einer grünen Ökonomie gewinnen". Ihre Konkurrentin Göring-Eckardt warb zuletzt noch mit dem Thema soziale Gerechtigkeit und Steuererhöhungen. Wer inhaltlich eher bei den Realos punkten kann, liegt auf der Hand. Doch auch der linke Flügel stimmt mit ab.

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Anton Hofreiter muss sich um Konkurrenz derzeit keine Sorgen machen. Der 43-Jährige tritt die direkte Nachfolge des Oberlinken Jürgen Trittin bisher noch ohne Gegenkandidaten an. Der studierte Biologe aus Bayern stieg Mitte der 1980er Jahre bei den Grünen ein. 2005 schaffte er es in den Bundestag. 2011 übernahm er dort den Vorsitz des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Akzente konnte er unter anderem beim Thema Stuttgart 21 setzen. In den vergangenen Tagen machte er aber auch mit seinem wallenden blonden Haar und seinem Vollbart von sich Reden. Hofreiter wirkt wie einer, der die Grünen zurück zu ihren Wurzeln führen könnte. Tatsächlich tat er das in einem Interview mit der "taz" zuletzt aber als Oberflächlichkeit ab. Er sagte: "Niemand will zurück in die 80er." Er versicherte allerdings auch, als Biologe dafür zu stehen, das Thema Ökologie weiter zu stärken.

Die üblichen Verdächtigen

Seit Jahren fallen bei den Grünen immer wieder bestimmte Namen, wenn es um einen Generationswechsel geht. So auch dieses Mal. Dazu gehört der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Auch der hessische Spitzengrüne Tarek Al-Wazir gilt als Nachwuchshoffnung. Wie der Schleswig-Holsteiner Habeck verweisen aber auch sie stets auf ihre Verantwortung im Land.

Viele der Grünen-Anhänger fragen sich zudem, warum ausgerechnet der derzeit wohl einflussreichste Grüne kein Amt im Bund bekleiden will: der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Offensichtlich ist allerdings, dass er mit seinen 65 Jahren nicht unbedingt einen Generationswechsel verkörpern könnte. Doch das muss er vielleicht auch nicht. Mit Özdemir und jetzt auch Andreae buhlen schließlich gleich zwei junge Kollegen aus seinem baden-württembergischen Einflussbereich um Ämter in der Bundesspitze.

Quelle: ntv.de, ieh

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