Politik

Zahlen zu den Gewalttaten Was vom Schorndorf-Aufruhr übrig bleibt

Der Oberbürgermeister von Schorndorf, Matthias Klopfer (l), und der Polizeipräsident von Aalen, Roland Eisele.

Der Oberbürgermeister von Schorndorf, Matthias Klopfer (l), und der Polizeipräsident von Aalen, Roland Eisele.

(Foto: dpa)

Aus 1000 Randalierern werden 100. Es gibt einzelne Fälle von sexueller Belästigung und keine massenhaften Übergriffe. Die Schorndorf-Ausschreitungen werden nach ein paar Tagen immer kleiner. Hier der Ermittlungsstand.

Flaschenwürfe gegen Festgäste und Polizisten sowie einzelne sexuelle Übergriffe auf Frauen - all das hat es nach Erkenntnissen von Ermittlern beim Volksfest Schorndorfer Woche gegeben. Eine Gruppe von rund 100 Menschen soll die Einsatzkräfte am Wochenende angegangen haben. Die Gewalt sei so nicht vorhersehbar gewesen, so etwas habe es noch nie gegeben in Schorndorf, teilte die Polizei mit. Doch die Stadt sieht sich nicht als "Klein-Köln" oder "Klein-Hamburg".

Welche Art von Gewalt gab es rund um die Schorndorfer Woche?

Die Polizei spricht von einzelnen Fällen sexueller Belästigung von Frauen durch Flüchtlinge, die in Schorndorf wohnen. Es habe neun Anzeigen wegen Sexualdelikten gegeben. Bei drei Fällen habe sich der Anfangsverdacht jedoch nicht erhärtet, sagte Aalens Polizeipräsident Roland Eisele. Es gibt Ermittlungen in vier Fällen gegen Unbekannt sowie in zwei Fällen gegen bekannte Tatverdächtige wegen sexueller Belästigung. Anzeigen wegen sexueller Übergriffe habe es im vergangenen Jahr so gar nicht gegeben.

Zudem gab es Gewalt aus einer Ansammlung junger Menschen - etwa 100 - gegen Festgäste und Polizisten. Zum Beispiel schildern die Ermittler einen Fall, in dem ein 16 Jahre alter Deutscher einen 19 Jahre alten Syrer mit einer Flasche am Kopf traf. Der Rettungsdienst musste ihn behandeln. Als die Polizei eintraf, musste sie sich zunächst wegen der Flaschenwürfe zurückziehen, um Schutzausrüstung anzulegen. Dann schritten die Beamten ein.

Insgesamt wurden 53 Straftaten angezeigt. Das sind fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Die Vorfälle passierten während der fünftägigen Schorndorfer Festwoche, jedoch nicht alle am gleichen Tag.

Wer waren die mutmaßlichen Täter und die Opfer?

Wegen der sexuellen Übergriffe ermittelt die Polizei gegen einen 20 Jahre alten Flüchtling aus dem Irak sowie gegen drei afghanische Flüchtlinge im Alter von 17 und zweimal 18 Jahren. Die von den Übergriffen betroffenen Frauen waren demnach eine 25-Jährige aus Ingolstadt sowie eine 17-jährige Österreicherin. Beide wurden laut Polizei am Gesäß begrapscht.

Diese Zahl der 100 Menschen mit Gewaltpotenzial nennt die Polizei im Zusammenhang mit einem Zwischenfall in der Nacht zum Sonntag: Demnach widersetzte sich ein 20 Jahre alter Deutscher seiner Festnahme nach einer Körperverletzung. Dann habe sich die Gruppe der 100 Menschen - laut Polizei überwiegend mit Migrationshintergrund - mit dem Mann solidarisiert und die Polizei zum Beispiel mit Flaschen beworfen.

Warum war erst von 1000 Randalierern die Rede?

In Medienberichten war zunächst von 1000 Menschen die Rede, die randaliert hätten. Die Berichte beriefen sich auf eine Pressemitteilung der Polizei, deren Inhalt missverstanden werden konnte. Der Polizeipräsident von Aalen, Eisele, sagte, er bedauere ausdrücklich, dass die Pressemitteilung falsch interpretiert und falsch verstanden worden sei. Tatsächlich gehe es eben aber nur um rund 100 Leute.

Wie haben die für die Sicherheit verantwortlichen Behörden reagiert?

Die Polizei zeigte danach beim Volksfest deutlich mehr Präsenz. Der Rest des Festes verlief ruhig. Zugleich warnte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl bereits am Montag vor Kritik an der Polizei. "Schuld ist nicht die Polizei, sondern schuld sind die, die Frauen begrapschen, übergriffig sind, Straftaten begehen, Polizisten mit Flaschen bewerfen, Gewalt ausüben", sagte er. Zugleich gab es einen Seitenhieb auf das Rathaus: "Die Stadt hätte übrigens die Lage für die Polizei wesentlich einfacher machen können, wenn sie Licht eingeschaltet hätte." Polizeipräsident Eisele sagte, dass die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Stadt und Veranstalter besser werden müsse.

Welche politischen Folgen haben die Ereignisse in Schorndorf?

In der Stadt will der Oberbürgermeister Matthias Klopfer den Gewaltausbruch rund um das Volksfest am vergangenen Wochenende genau aufarbeiten lassen. "Wir sind nicht Klein-Köln und sind nicht Klein-Hamburg." Die sexuellen Belästigungen von Frauen und auch die Gewalt gegen Polizeibeamte seien keine Bagatelldelikte.

Im Stuttgarter Landtag war Schorndorf auf Antrag der AfD Thema der aktuellen Debatte. Die AfD sah die Ursachen für die Gewalt auch im Zuzug von Migranten und zog Parallelen zur Silvesternacht in Köln 2015/2016, in der hunderte Frauen begrapscht und bestohlen worden waren. Die übrigen Fraktionen im Landtag verurteilten den Gewaltausbruch. Sie warnten jedoch vor Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. Sozialminister Manne Lucha wies zudem darauf hin, dass hoher Alkoholkonsum gerade junge Menschen enthemme und verleite, Gewalt auszuüben. Das führe immer wieder zu Problemen bei öffentlichen Festen. "Dagegen vorzugehen ist eine dauerhafte Aufgabe. Dafür setzen wir auf Prävention und Dialog", sagte der Grünenpolitiker. Die Straftäter aber müssten verfolgt und verurteilt werden.

Quelle: ntv.de, hul/dpa

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