Politik

"Vollständige Überprüfung" der Merkel-Schnüffelei Washington pfeift die NSA zurück

Ein deutscher Europapolitiker bringt es auf den Punkt: "Das Vertrauen ist weg." Die USA müssen sich für umfassende Spähaktionen rechtfertigen. Langsam ist eine Läuterung zu erkennen. US-Präsident Obama wird aus der Schusslinie genommen. Innenminister Friedrich kündigt im n-tv Interview an, dass nun eine deutsche Delegation zu den Amerikanern reist.

Die USA wollen ihre Überwacher von der NSA künftig stärker überwachen.

Die USA wollen ihre Überwacher von der NSA künftig stärker überwachen.

(Foto: REUTERS)

Entlastung für Obama: Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, Dianne Feinstein, hat den US-Präsidenten in Schutz genommen. "So wie ich das verstehe, wusste Präsident (Barack) Obama nicht, dass die Kommunikation von Kanzlerin Merkel seit 2002 erfasst wurde." Sie bestätigte indirekt die bislang noch nicht zweifelsfrei bewiesene Ausspähung von Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Ich glaube nicht, dass die Vereinigten Staaten Telefonanrufe oder E-Mails befreundeter Präsidenten oder Ministerpräsidenten ausspähen sollten", sagte Feinstein.

Feinsteins Äußerungen schienen zu bestätigen, dass zumindest Merkel in der Vergangenheit abgehört wurde. Sie sei absolut gegen die Sammlung von Geheimdienstinformationen von Staats- und Regierungschefs von US-Verbündeten, wie Frankreich, Spanien, Mexiko und Deutschland, sagte die demokratische Politikerin. Das Präsidialamt hatte vergangene Woche lediglich erklärt, derzeit werde Merkels Telefon nicht angezapft und auch in Zukunft werde dies nicht geschehen.

Was genau passierte, ist auch der Bundesregierung noch nicht klar. Innenminister Hans-Peter Friedrich sagte im Interview von n-tv: "Wir wissen allerdings zur Stunde nicht, in welchem Umfang und auf welche Weise diese Abhöraktion erfolgt ist. Das ist etwas, was jetzt geklärt werden muss." Noch in dieser Woche werde eine deutsche Delegation in die USA reisen. "Die Amerikaner wissen inzwischen, dass diese Sache ihren eigenen Interessen sehr schadet, was sie an den Reaktionen des Präsidenten, aber auch des Senats durchaus sehen können", sagte der CSU-Politiker Friedrich.

Schluss mit der Schnüffelei

Die US-Senatorin Feinstein will die NSA-Arbeit hinterfragen.

Die US-Senatorin Feinstein will die NSA-Arbeit hinterfragen.

(Foto: REUTERS)

Nach der wachsenden Empörung über die NSA-Schnüffelei kündigte der Geheimdienstausschuss im US-Senat eine umfassende Untersuchung an. Eine "vollständige Überprüfung" sei eindeutig notwendig, sagte Feinstein. Die Aufsicht müsse gestärkt und erweitert werden. Obama kündigte eine Prüfung der mit der nationalen Sicherheit befassten Geheimdienst-Einsätze an. In Deutschland will sich der Bundestag Mitte November mit der Spähaffäre beschäftigen.

Das Weiße Haus will die Verbündeten der USA nun nicht länger ausspähen, wie Feinstein sagte. Darunter fallen offenbar auch ausländische Staatsoberhäupter. Das wäre ein radikaler Politikwechsel in Washington. Die demokratische Senatorin Feinstein, die bisher als glühende Verteidigerin der NSA galt, gab sich geläutert. Ihr Komitee werde "alle Programme zur Sammlung nachrichtendienstlicher Informationen überprüfen".

"Das Vertrauen ist weg"

Ein hochrangiger US-Regierungsbeamter bestritt jedoch Feinsteins Äußerungen zur Lage. Er sagte, die US-Regierung unternehme keine "pauschalen" Änderungen in ihren Überwachungsprogrammen.

Der deutsche Europaabgeordnete Elmar Brok, der sich mit einer Parlamentsdelegation in Washington aufhält, sagte: "Das Vertrauen ist weg". Jetzt müsse hart daran gearbeitet werden, um es zwischen den Spitzenpolitikern und den Völkern wiederherzustellen. Die US-Regierung und die Geheimdienste sind nicht zuletzt wegen der Enthüllungen des Informanten Edward Snowden unter Druck geraten.

Quelle: ntv.de, jtw/rts/dpa/DJ

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