Parteitage in Dortmund Weg für neue Linke frei
25.03.2007, 13:13 UhrDer Weg für eine neue linke Partei in Deutschland ist frei. Die Linkspartei und die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) haben am Sonntag auf ihren parallel in Dortmund tagenden Parteitagen für einen Verschmelzungsvertrag gestimmt. Nach 96,7 Prozent der 355 Delegierten der Linkspartei votierten 87,7 Prozent bei den 358 WASG-Delegierten für die Fusion. Die letzte Entscheidung fallen die Mitglieder beider Parteien in einer Urabstimmung. Die Befragung soll vom 30. März bis zum 18. Mai stattfinden. Am 16. Juni soll der Zusammenschluss bei einem Vereinigungsparteitag in Berlin vollzogen werden.
Der Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi hatte den Zusammenschluss als historisch gewürdigt. Dies sei die erste wirklich Vereinigung zweier Organisationen nach dem Zusammenbruch der DDR, sagte er. Die Chance sei einmalig, die Linke müsse sie nutzen, hatte Linksparteichef Lothar Bisky geworben. Trotz bestehender geringer Differenzen zur WASG etwa zu UN-Einsätzen der Bundeswehr folgte der Parteitag weitgehend den Spitzen.
Bisky will für die geplante Doppelspitze der neuen Partei kandidieren, für die WASG gilt der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine als wahrscheinlichster Kandidat.
Vor der entscheidenden Abstimmung über die Gründungsdokumente hatte Gysi seine Partei zu einer breiten Unterstützung aufgefordert. Natürlich müsse die ostdeutsche Linkspartei.PDS bei der Fusion mit der westdeutschen WASG ein Stück ihrer Identität aufgeben, sagte Gysi auf dem Bundesparteitag. "Wenn wir bundesdeutsch werden wollen, geht es nur auf diesem Weg." Kein Mitglied beider Parteien könne ernsthaft sagen, dass diese Fusion nicht kommen solle.
Gysi zog eine Bilanz der Verfehlungen der DDR-Diktatur wie Einschränkungen der Freiheit und Mangelwirtschaft. Er betonte: "Wir dürfen das nicht vergessen, weil es unsere Glaubwürdigkeit ausmacht." Gleichzeitig stellte er auch Errungenschaften des Staats-Sozialismus heraus wie die Kinderbetreuung oder Teile des Bildungssystems. "Wir haben aus beidem gelernt und können Erfahrungen aus beiden Systemen einbringen."
Begleitet von heftigen Debatten hatten die Spitzen von Linkspartei und WASG am Samstag ihre Parteitage beschworen, die für Juni geplante Gründung der neuen linken Partei perfekt zu machen. "Die Chance, die wir haben, kommt nie wieder. Also nutzen wir sie", mahnte Linksparteichef Lothar Bisky am Samstag in den Westfalenhallen. WASG-Vorstand Klaus Ernst sagte auf dem Kongress seiner Partei: "Wir brauchen eine starke Linke, damit das Volk überhaupt wieder eine Vertretung hat." Die Parteispitzen setzten trotz der Kritik an einzelnen Punkten der geplanten Fusion auf einen Erfolg beider Kongresse.
Die Fusionskritikerin Lucy Redler (WASG Berlin) protestierte indessen erneut gegen den Zusammenschluss und warf der Linkspartei - vor allem in der rot-roten Koalition in Berlin - Anpassung an "kapitalistische Sachzwänge" vor. Eine Linke dürfte sich aber nicht beugen. Redler warnte, in der neuen Partei werde "die Fraktion alles, der Vorstand wenig und die Basis so gut wie nichts zu sagen haben".
Quelle: ntv.de