Totenschändung Weitere Bilder aufgetaucht
27.10.2006, 06:48 UhrDer Skandal um Totenschändungen durch deutsche Soldaten zieht mit dem Auftauchen einer dritten Bilderserie immer weitere Kreise. Der "Bild"-Zeitung liegen nach eigenen Angaben "dutzende neuer Bilder" vor, die deutsche ISAF-Soldaten beim makaberen Umgang mit Leichenteilen zeigen. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat inzwischen als Konsequenz aus den Totenschändungen zwei Bundeswehr-Soldaten vom Dienst suspendiert.
Auf den Fotos der "Bild"-Zeitung sei unter anderem zu sehen, wie ein Soldat einem aus verschiedenen menschlichen Knochen zusammengesetzten Skelett in der Art einer Hinrichtungsszene eine Pistole an den Totenschädel halte. Auf einem anderen Foto wurde einem Totenschädel ein Bundeswehr-Barett aufgesetzt. Auf einer weiteren Fotografie ist der Schriftzug "CSR-Team" aus Menschenknochen sichtbar. "CSR" ist laut "Bild" die bei den Soldaten benutzte militärische Abkürzung für ihre Patrouillen (englisch: campside reconnaissance, Deutsch: Gelände-Aufklärung rund um das deutsche Camp).
Die beiden von Verteidigungsminister Jung suspendierten Männer gehörten zu einer Gruppe von sechs Soldaten, denen die Totenschändungen im Jahr 2003 zur Last gelegt wurden. Im zweiten Fall, der am Donnerstag durch neue Bilder belegt worden war, seien drei Tatverdächtige ermittelt worden.
Beteiligter gibt Interview
Inzwischen berichtete ein Augenzeuge in der "Bild"-Zeitung über die makabren Handlungen. Danach stammen die sterblichen Überreste nicht von einem Friedhof. Das Gelände, auf dem die Soldaten Schädel gefunden hätten, "kann man sich vorstellen wie eine große Kiesgrube", sagte der Mann. Nach eigenen Angaben war er bei einer der umstrittenen Patrouille dabei. Afghanen hätten an der Stelle Lehm abgegraben, den sie für Ziegel benötigt hätten. "Dabei kamen diese ganzen Knochen raus. Es war kein Friedhof, keine Kultstätte", sagte der Mann, der anonym bleiben wollte.
Bereits am Donnerstag waren dem Sender RTL Fotos zugespielt worden, die deutsche Soldaten erneut in schockierenden Posen mit einem Totenschädel zeigen. Die Aufnahmen seien jüngeren Datums als die zunächst in der "Bild"-Zeitung veröffentlichten Bilder.
Nach Angaben des Zeugen in der "Bild"-Zeitung gab der Patrouillenführer den Befehl zum Anhalten. Auf die Frage, ob es bei der Schändung eine Art Gruppenzwang gegeben habe, sagte der Mann: "Zwang würde ich nicht sagen. Aber es war schon so: Wenn man das nicht mitmacht, heißt es: Du Weichei, was stellst du dich so an." Seine heutige Meinung zu den Vorfällen beschrieb er mit den Worten: "Dumm gelaufen, Blödsinn gemacht. Sollte man nicht tun. Ich hätte es besser damals auch nicht getan. Oder wäre besser nicht mit dabei gewesen." Nach Angaben des Mannes war der Vorfall unter niedrigeren Dienstgraden "durchaus bekannt". Dort habe das die Runde gemacht - "die fanden das teilweise lustig".
Die Bundeswehrführung geht weiterhin von Einzelfällen aus. Angesichts von insgesamt 10.000 Soldaten im Auslandseinsatz könne man bei jetzt neun Beteiligten noch immer von Einzelfällen sprechen, sagte Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan. Der Kommandeur des Zentrums für Innere Führung der Bundeswehr in Koblenz, Brigadegeneral Alois Bach, hält nichts von einer grundlegenden Änderung der Soldatenausbildung. Die Ausbildung habe nicht versagt, betonte Bach in der "Süddeutschen Zeitung".
Quelle: ntv.de