Politik

"Kurnaz war kein Terrorist" Weiterhin keine Klarheit

Im BND-Untersuchungsausschuss gibt es auch nach der Zeugenaussage von drei deutschen Geheimdienstlern keine endgültige Klarheit über ein angebliches Freilassungsangebot für den in Bremen lebenden Türken Murat Kurnaz. Nach Angaben aus Ausschusskreisen dementierten aber alle drei Zeugen Berichte, ein Angebot auf Freilassung erhalten zu haben. Sie hätten in Kurnaz aber auch keinen gefährlichen Terroristen gesehen, der sich auf ein etabliertes Netzwerk habe stützen können.

Die zwei BND-Agenten und der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, die Kurnaz im Februar 2002 im US-Gefangenenlager Guantnamo verhörten, hatten nach dem Eindruck des SPD-Ausschussobmann Thomas Opfermann widersprüchliche Wahrnehmungen. "Das waren die falschen Leute am falschen Platz", sagte Oppermann am Freitag in Berlin.

Schwarzer Tag für Steinmeier?

Anders sieht das der Abgeordnete der Linksfraktion, Wolfgang Neskovic. Die Zeugenvernehmung sei "ein schwarzer Tag" für Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gewesen, sagte er. Steinmeier wird vorgehalten, während seiner Zeit als Kanzleramtschef zusammen mit dem Innenministerium die frühe Freilassung Kurnaz' verhindert zu haben.

Der FDP-Politiker Max Stadler sagte, der Runde der Chefs der deutschen Nachrichtendienste habe am 29. Oktober 2002 "die klare Erkenntnis vorgelegen, dass das US-Verteidigungsministerium Kurnaz noch im November desselben Jahres freilassen werde". Steinmeier soll sich dazu am 8. März vor dem Untersuchungsausschuss äußern.

Das angebliche Freilassungsangebot sei aus verschiedenen Vermerken "zusammengedichtet" worden, sagte Oppermann. Dazu Neskovic: Die Zeugen-Anhörung habe bestätigt, dass es im Herbst 2002 für die deutschen Sicherheitsbehörden keine belastbaren Umstände gegeben habe, die eine Ablehnung der Wiedereinreise Kurnaz' hätten rechtfertigen können. Aus Koalitionskreisen hieß es weiter, die ganze Diskussion über die Freilassung von Kurnaz stelle sich nach den Zeugenaussagen der Nachrichtendienstmitarbeiter völlig anders dar als bisher bekannt.

Mehrere Ausschussmitglieder setzen sich dafür ein, dass die Protokolle der Vernehmungen über die Aussagen der drei Geheimdienstler lückenlos veröffentlicht werden. Die gravierenden Vorwürfe gegen Steinmeier könnten bisher nicht entkräftet werden, weil entsprechende Akten als geheim eingestuft sind, hieß es aus der SPD. Neskovic sagte: "Herr Kurnaz war kein Sicherheitsrisiko." Die rot-grüne Regierung habe den Rechtsstaat für Herrn Kurnaz "abgeschaltet" und müsse die Verantwortung übernehmen, "dass einem jungen Menschen Jahre seines Lebens in der Hölle von Guantnamo genommen worden sind".

Schröder wirft der CDU Heuchelei vor

Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) soll neben Steinmeier und dem früheren Innenminister Otto Schily (SPD) sowie dem ehemaligen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) ebenfalls vor dem Ausschuss aussagen. Schröder hat in der "Bild"-Zeitung erneut das Verhalten von CDU-Politikern kritisiert. "Kritische Stellungnahmen von CDU-Politikern sind heuchlerisch. Dieselben Politiker haben uns damals täglich vorgeworfen, nicht genug für die innere Sicherheit zu tun", sagte er.

Kurnaz amerikanischer Anwalt Baher Azmy schilderte am Donnerstagabend, er habe keine konkreten Hinweise auf eine frühzeitig geplante Entlassung seines Mandanten. Der Jurist schränkte ein, dass er keine Einsicht in von den US-Behörden als geheim eingestufte Unterlagen habe oder aber aus solchen Dokumenten nicht zitieren dürfe.

Quelle: ntv.de

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