Politik

"Redet nicht, fangt an zu pflanzen" Wenigstens ein bisschen Waldschutz

Die Wälder spielen eine Schlüsselrolle beim globalen Klimaschutz. Der UN-Klimagipfel ist auf der Zielgeraden für ein Abkommen, das die Abholzung stoppen soll. Klappt das nicht, wäre es ein Debakel.

Tiefe Risse sind im ausgetrockneten Boden der Mangrovensümpfe von Cancun zu sehen.

Tiefe Risse sind im ausgetrockneten Boden der Mangrovensümpfe von Cancun zu sehen.

(Foto: dpa)

Früher muss Cancún richtig schön gewesen sein. Mangrovenwälder, ein paar kleinere Fischerdörfchen und Maya-Ruinen. Gerade der Urwald war es, der auch diese Gegend zum Klimaschützer machte. Dann kam ab den 1970er Jahren der Massentourismus mit sterilen Hotelklötzen, und mit ihm verschwanden auch viele Bäume in Cancún. Ausgerechnet hier soll bis Freitag der große Wurf beim Waldschutz gelingen. Denn die weltweite Zerstörung der Wälder trägt zu mehr als 15 Prozent zum globalen Treibhausgas-Ausstoß bei. Mit Erhalt und Aufforstung soll dieser gedrosselt werden.

Es passt ins Bild, dass ein grüner Baum und ein Schmetterling das Logo des UN-Klimagipfels in Mexiko sind. Wenn das Waldschutzabkommen Redd+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) umgesetzt wird, dann wäre das ein erster Schritt für ein neues globales Klimaabkommen.

Eine Million Bäume für jedes Land

Ein kleiner Junge hält den Delegierten aus 194 Staaten am Morgen wortlos seine Forderung entgegen: "Don't talk. Start planting" ("Redet nicht, fangt an zu pflanzen"). Die weltweite Aktion "plant-for-the-planet.org" fordert eine Millionen Bäume für jedes Land der Welt, also über 200 Millionen, um das Klima zu retten. Es reicht eben nicht, mit dem Kauf eines Kastens Bier ein kleines Stück Regenwald zu schützen.

Bei Redd+ geht es im Kern darum, wie Entwicklungsländer davon überzeugt werden können, dass sie ihre Wälder aus wirtschaftlichen Gründen nicht abholzen. Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Europaparlament, Jo Leinen (SPD), betont, der Abschluss sei das Minimalziel für Cancún. So wird Redd+ auch zum Lackmustest für die Frage, ob unter dem UN-Dach überhaupt noch ein verbindliches Klimaabkommen möglich ist.

Gefällte Bäume am Rande eines Urwaldes in der Amazonasregion in Brasilien.

Gefällte Bäume am Rande eines Urwaldes in der Amazonasregion in Brasilien.

(Foto: dpa)

"Bolivien spielt die harte Karte", sagt Leinen mit Blick auf die Waldschutzverhandlungen in Cancún. Präsident Evo Morales, der selbst jahrelang als Cocabauer in der tropischen Gegend des Chapare sein Geld verdient hat, will als Führer des Movimiento al Socialismo keinen privaten Einfluss auf seine Wälder akzeptieren.

Denn bei Redd+ geht es auch um die Idee, dass zum Beispiel ein deutsches Stahlunternehmen, das viel Co2 ausstößt, für ein Stück Wald in Südamerika eine Patenschaft übernimmt. Der Wald darf nicht abgeholzt werden, im Gegenzug dürfen die so gebundenen Emissionen auf den Ausstoß durch die Stahlproduktion in Deutschland angerechnet werden. Auch für Länder ist es denkbar, dass sie zur Erreichung ihrer eigenen Klimaziele riesige Waldflächen im Ausland kaufen und so vor der Rodung schützen. Schließlich wird durch Waldzerstörungen das Klima stärker belastet als durch alle Schiffe, Autos, Züge und Flugzeuge zusammen.

Das Prinzip ist ähnlich wie beim Handel mit Verschmutzungsrechten - ein Plan für einen umfassenden Ablasshandel. Das bisher vorliegende Konferenzpapier ist derart technisch und vertrackt, dass es vor Augen führt, wie komplex globale Regeln zum Klimaschutz sind. Schließlich sollen auch Schlupflöcher vermieden werden, um unter dem Vorwand des Klimaschutzes Fördergelder abzuzocken.

Schwammiger Textentwurf

Zudem sollte das Waldpapier sicherstellen, dass nicht ein Stück Wald geschützt und dafür eine andere Fläche daneben abgeholzt wird. Daher wird laut jüngstem Entwurf immer nur die Waldfläche eines ganzen Landes betrachtet - falls es "angemessen" ist, kann es zeitlich begrenzte Ausnahmen geben, lautet der etwas schwammig gehaltene Textentwurf allerdings.

"Die Intention des Walschutzabkommens geht in die richtige Richtung", sagte WWF-Waldexperte Gerald Steindlegger. Aber es gebe noch nicht genügend Instrumente zur Beobachtung. Fast jedes Land misst und bewertet den Wald mit einem anderen Maßstab. Nach Einschätzung der damit befassten Experten sind für ein weltweit einheitliches Beobachtungssystem noch Jahre nötig.

"Eine Blamage allerster Güte"

Rund 13 Millionen Hektar Wald werden pro Jahr zerstört - fast die doppelte Fläche Bayerns. "Bei diesem Punkt geht es wahrhaftig nicht nur um die Emissionen per se", betont der WWF-Experte aus Österreich. "Wenn es uns nicht gelingt, dies zu bremsen, werden wir den Verlust der Artenvielfalt nicht aufhalten können." Zudem sei eine Milliarde Menschen direkt von intakten Wäldern abhängig.

Leinen betont, nur mit staatlichem Geld sei der Klimaschutz nicht zu schaffen, deshalb müsse die Industrie mit eingebunden werden. Daher schlägt der SPD-Politiker Schutzklauseln für Länder wie Bolivien vor. Ein Abkommen müsse nun erreicht werden. "Wenn wir das nicht schaffen, wäre das eine Blamage allererster Güte."

Quelle: ntv.de, Georg Ismar und Simone Humml, dpa

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