Politik

Fragen und Antworten Wer schoss MH17 ab?

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Vermisste Leichen, vernichtete Beweise und unauffindbare Luft-Abwehr-Raketen. Rund um das abgestürzte Flugzeug in der Ost-Ukraine gibt es noch viele offene Fragen. n-tv.de erklärt, was bekannt und was noch ungeklärt ist.

Wo sind die verbliebenen Leichen?

An Bord des Flugs MH17 befanden sich 298 Menschen. Die Leichen wurden mit einem gekühlten Güterzug nach Charkiw gebracht und werden von dort mit Flugzeugen in die Niederlande transportiert. Allerdings sind in Charkiw überhaupt erst rund 200 Leichname angekommen. Die restlichen Körper liegen wahrscheinlich noch zwischen den Wrackteilen des Flugzeugs in der Nähe von Donezk. Möglich ist, dass viele Körper fast vollständig verbrannt sind - die Kerosintanks der Maschine explodierten beim Aufprall.

Kann die Black-Box des Flugzeugs zur Aufklärung beitragen?

Eine Black-Box besteht aus zwei Geräten: Ein Flugschreiber zeichnet eine Reihe von Daten auf, darunter wie schnell, wie hoch und in welche Richtung sich ein Flugzeug bewegt. Ein Tonaufnahmegerät registriert die Gespräche, die im Cockpit stattfinden. Der Recorder an Bord der Boeing 777-200 kann nur 30 Minuten speichern. Sollte MH17 abgeschossen worden sein - wonach es aussieht - werden beide Geräte eher keine Auffälligkeiten zeigen. Die Bordinstrumente können eine Rakete vor dem Einschlag nicht registrieren und auch die Piloten müssen sie nicht vorher gesehen haben. Wahrscheinlich ist, dass beim Einschlag die Piloten sofort starben und die Instrumente keine brauchbaren Daten mehr lieferten.

Haben die Separatisten Beweise vernichtet?

Ja. Um alle Möglichkeiten der Aufklärung eines Flugzeugabsturzes zu sichern, ist es notwendig, dass Experten das Wrack und die Opfer begutachten, bevor etwas daran verändert wird. Die Separatisten, die das Gebiet um die Absturzstelle kontrollieren, gingen aber völlig unsachgerecht mit den Beweisstücken um. Zusätzlich hinderten sie zwischenzeitig Ermittler, an das Wrack heranzukommen. Ob sie auch bewusst Beweisstücke einsammelten oder verfälschten, ist unklar. Die Black-Box bargen sie selbst, übergaben sie mittlerweile aber an malaysische Behörden.

Wer ist für den Abschuss verantwortlich?

Die bisherigen Indizien sprechen dafür, dass die prorussischen Separatisten eine Rakete auf MH17 abgefeuert haben. Die USA sind sich "sicher". Russland erklärt zwar, die Ukraine sei für Abschüsse über ihrem Territorium verantwortlich. Die Erklärungsversuche sind aber voller Widersprüche.

Warum sind sich die Amerikaner so sicher?

Die US-Geheimdienste haben nach eigenen Angaben Radar- und Satellitendaten, die belegen, dass die Rakete aus der Stadt Snischne abgefeuert wurde, die von Rebellen kontrolliert wird. Es gibt aber auch Belege, die öffentlich nachvollziehbar sind. So brüstete sich der Separatistenführer Igor Strelkow im sozialen Netzwerk VKontakte damit, dass seine Leute ein Flugzeug abgeschossen hätten. Als klar war, dass eine zivile Maschine abgestürzt war, löschte Strelkow den Eintrag. Erst wenige Tage zuvor hatten die Rebellen angefangen, Flugzeuge der ukrainischen Armee abzuschießen. Laut USA hatten sie zuvor nicht die Möglichkeit dazu, dann aber seien aus Russland Buk-Raketen geliefert worden. Das sollen auch Bilder beweisen, die Privatleute ins Internet gestellt haben.

Was können die Buk-Raketen?

Je nach Version dieser Boden-Luft-Raketen können die Waffen Flugzeuge in bis zu 45 Kilometern Entfernung und 25 Kilometern Höhe treffen. MH17 war in 10 Kilometern Höhe unterwegs. Von der Schulter abgeschossene Waffen können diese Höhe nicht erreichen. Eigentlich besteht ein Buk-System aus einem Radarfahrzeug, einem Kommandofahrzeug und der mobilen Abschussrampe und kann nur von einem gut ausgebildeten Team bedient werden. Bilder gibt es aber nur von der Abschusseinheit. Nun wird spekuliert, ob die Raketen auch ohne Radar irgendwie abgefeuert worden sein könnten. Produziert werden Buk-Raketen in Russland, aber auch die ukrainische Armee ist damit ausgestattet.

Wie verändert sich nun der Ukraine-Konflikt?

Die Teilmobilmachung in der Ukraine und der neueste Abschuss zweier ukrainischer Militärflugzeuge durch die Separatisten zeigen, dass beide Seiten mindestens unvermindert weiterkämpfen. Die nun abgeschossenen Kampfjets fliegen übrigens oft niedriger als Passagiermaschinen und können darum auch mit einfacheren Waffen als den Buk-Raketen abgeschossen werden. Zwar werden die Rufe nach einem Waffenstillstand nun lauter, bis es so weit ist, wollen aber beide Seiten kein Land verlieren. Die Ukraine hat außerdem nach wie vor kein Interesse an einem Waffenstillstand: Damit würde sie nämlich die Herrschaft der Separatisten über Donezk anerkennen - der aktuelle Zustand wäre wohl auf Jahre eingefroren. Das Ziel der Regierung ist es aber, die Kontrolle über den gesamten Osten des Landes zurückzuerlangen.

Quelle: ntv.de

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