Afrikanische Union warnt Übergangsrat Westen gibt Milliarden
02.09.2011, 08:03 Uhr
Libyen braucht jetzt viel Geld zum Wiederaufbau.
(Foto: REUTERS)
Die internationale Staatengemeinschaft verspricht Libyen schnelle Hilfe. Zehn Milliarden Euro sollen die libyischen Rebellen sofort zum Wiederaufbau des Landes erhalten. Deutschland will allerdings Libyen keine Entwicklungshilfe-Gelder zukommen lassen. Die Afrikanische Union zeigt sich noch skeptisch.
Die Afrikanische Union (AU) will den Nationalen Übergangsrat der Rebellen vorerst noch nicht als neue libysche Führung anerkennen. Die Führung der Aufständischen habe zwar zugesichert, afrikanische Arbeiter in dem Land mit Repressalien zu verschonen, sagte AU-Kommissionspräsident Jean Ping nach der Libyen-Konferenz in Paris. Die Einhaltung dieses Versprechens solle zunächst abgewartet werden. Die Bekenntnisse des Übergangsrats, nach dem Ende der Herrschaft von Muammar el Gaddafi den Weg der Versöhnung einschlagen zu wollen, seien aber "ermutigend", ergänzte AU-Sprecher Noureddine Mezni.

Schwarzafrikaner in einem Lager in Tripolis. Ihnen wird vorgeworfen, als Söldner für Gaddafi gearbeitet zu haben.
(Foto: dpa)
Problematisch ist die Lage von Angehörigen anderer afrikanischer Staaten in Libyen vor allem wegen des Einsatzes von ausländischen Söldnern im Dienste Gaddafis. Laut Mezni sicherte der Übergangsrat auf der Pariser Konferenz aber zu, die afrikanischen Arbeiter zu schützen, die fälschlicherweise für Söldner gehalten werden könnten.
Viele Länder der internationalen Gemeinschaft haben den Übergangsrat der Rebellen bereits als legitimen Vertreter des libyschen Volkes anerkannt. Darunter sind auch 18 der 54 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union. Allerdings hat der Staatenbund als Ganzes die Aufständischen bisher noch nicht anerkannt.
Westen füllt Schatulle
Libyen kann allerdings auf breite finanzielle Unterstützung der Weltgemeinschaft setzen. Vertreter von rund 60 Staaten und internationalen Organisationen versprachen den neuen Machthabern am Donnerstagabend in Paris des Landes. Eingefrorene Gelder des Regimes von Diktator Muammar al-Gaddafi sollen rasch bereitgestellt werden.
Deutschland wird der neuen libyschen Führung eine Milliarde Euro aus bislang eingefrorenen Geldern des alten Regimes zur Verfügung stellen. Die Vereinten Nationen hätten die Gelder freigegeben, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Libyen-Konferenz in Paris. Nach Angaben des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der zusammen mit dem britischen Premier David Cameron zu der Konferenz im Élysée-Palast eingeladen hatte, sind mittlerweile insgesamt rund 15 Milliarden Dollar (ca 10 Mrd Euro) libyscher Gelder freigegeben.
Gaddafis Milliarden eingefroren
Der Gaddafi-Clan verfügte bis zum Bürgerkrieg über ein riesiges Vermögen im Ausland. Allein in Deutschland wurden nach der Verhängung der UN-Sanktionen rund 7,3 Milliarden Euro eingefroren. Weltweit sind es schätzungsweise mehrere Dutzend Milliarden Euro.
Um einen raschen Wiederaufbau in Libyen zu ermöglichen, sollen die durch Sanktionen eingefrorenen Gelder nun so schnell wie möglich wieder freigegeben werden. Etliche Staaten wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA bemühen sich derzeit darum, der Übergangsregierung zumindest Teilbeträge zur Verfügung zu stellen. Eine komplette Freigabe der Gelder verhindern derzeit noch die UN-Sanktionen. Teilzahlungen können aber durch Eilanträge bewilligt werden.
Merkel sprach sich dafür aus, die Sanktionen gegen Libyen schnell aufzuheben. "Ich habe das unterstützt", sagte die Kanzlerin. Man müsse wieder eng und ganz normal zusammenarbeiten können. Die Kanzlerin sagte den Libyern zu, bei der Ausarbeitung einer Verfassung zu helfen. "Ich habe angeboten, dass wir mit unserer Erfahrung einer deutschen Diktatur auch helfen können, Vergangenheit friedlich aufzuarbeiten", erklärte Merkel.

Ein Rebell bei seinem Maschinengewehr nahe Burkan.
(Foto: REUTERS)
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel lehnte allerdings Gelder der Entwicklungshilfe für Libyen ab. Das nordafrikanische Land sei " ", sagte der FDP-Politiker. Er habe für die unmittelbare Versorgung der Bevölkerung bereits im Juni sieben Millionen Euro Nothilfe zugesagt. "Darüber hinaus wird es keine bilaterale Entwicklungszusammenarbeit geben", betonte der Minister Libyen sei ein reiches Land, das sich technische Unterstützung einkaufen könne - "sehr gerne bei uns", sagte Niebel.
Ban will UN-Präsenz
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach sich in Paris für eine UN-Präsenz in Libyen aus. "Ich werde eng mit dem Sicherheitsrat zusammenarbeiten, um ein Mandat für eine UN-Mission zu entwerfen. Der Einsatz sollte so bald wie möglich beginnen", sagte Ban laut Redemanuskript.
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen unterstrich, dass das Militärbündnis entschlossen sei, den Libyen-Einsatz fortzuführen, solange es dort Angriffe und Bedrohungen gebe, "jedoch keinen Tag länger als nötig". Er unterstrich die erfolgreiche Umsetzung des UN-Mandats. "Gleich von Beginn an hat unser Einsatz das libysche Volk geschützt", sagte Rasmussen. "Wir haben es geschafft, ein Massaker zu verhindern, und zahllose Leben wurden gerettet."
Gaddafi ruft wieder zu Kampf auf

Gaddafi hat nicht mehr so viel Unterstützung in seinem Land.
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Diktator Gaddafi gibt sich indes weiter kämpferisch. In zwei kurz aufeinanderfolgenden Audiobotschaften rief er seine Anhänger aus seinem Versteck zum Kampf auf. "Bereitet euch auf eine lange Schlacht vor", rief Gaddafi seinen Anhängern laut dem arabischen Sender Al-Dschsira ivom syrischen Al Rai TV ausgestrahlten Audiobotschaft zu. Es war das zweite Mal innerhalb weniger Stunden, dass er sich zu Wort meldete. "Wir werden in jedem Tal, in jeder Straße, in jeder Oase und jeder Stadt kämpfen", habe Gaddafi mit Blick auf die Stämme in seiner Geburtsstadt Sirte und der Wüstenstadt Bani Walid gesagt. Letztere gilt als mögliches Versteck des 69-Jährigen und seines Sohnes Saif al-Islam Gaddafi.
Gaddafi warf den "imperialistischen Mächten" vor, das libysche Volk unterjochen und sich seiner Bodenschätze bemächtigen zu wollen. "Wir sterben lieber als uns unter westliche Kontrolle zwingen zu lassen", zitierte Al-Dschasira aus Gaddafis zweiter Audiobotschaft. Wenige Stunden zuvor hatte er seine Anhänger in einer ersten Tonbandaufnahme bereits aufgerufen, das "Land zu befreien". "Geht, greift zu den Waffen und kämpft", rief Gaddafi am 42. Jahrestag seiner Machtergreifung.
Sirte verweigert sich Rebellen noch
Derzeit versuchen die libyschen Rebellen, Sirte ohne Blutvergießen unter ihre Kontrolle zu bringen. Ein Ultimatum, wonach sich die letzten Gaddafi-Getreuen in der 75.000 Einwohner-Stadt bis Samstag ergeben sollen, wurde nach Medienberichten um eine Woche verlängert.
Sirte ist die letzte libysche Stadt entlang der Küste von der Grenze zu Ägypten bis nach Tunesien, die noch nicht in Hand der Rebellen ist. Über weite Teile des dünn besiedelten Südens haben sie dagegen noch keine Kontrolle.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts