"Werde meinen Platz nicht räumen" Westerwelle fest entschlossen
18.12.2010, 10:24 UhrDie FDP kommt nicht zur Ruhe. Aus den Landesverbänden werden mehr und mehr Stimmen laut, die einen Rücktritt des Parteichefs fordern. Die Hessen-FDP fordert aus Angst vor schlechten Wahlergebnissen gar einen Sonderparteitag. Westerwelle hingegen ist "kämpferisch entschlossen" - ein Rückzug komme für ihn nicht in Frage. Und viele Schwergewichte der FDP geben ihm Rückendeckung.
Aus den FDP-Landesverbänden verstärkt sich der Druck auf Parteichef Guido Westerwelle, sein Amt niederzulegen. Der hessische FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn, der schon länger als Westerwelle-Kritiker hervortritt, legte dem Bundesvorsitzenden bei einem Treffen mit den stellvertretenden Ministerpräsidenten der FDP in Berlin einen Verzicht auf den Parteivorsitz nahe. Wie das Magazin "Der Spiegel" weiter schreibt, sagte Hahn, Westerwelle solle sich überlegen, ob von allen Szenarien ein Rücktritt nicht die beste Alternative wäre. Westerwelle entgegnete dem Bericht zufolge, das komme für ihn nicht in Frage. Der "Rheinischen Post" zufolge erklärte er der Fraktionschefin Birgit Homburger, dass er seinen Platz nicht räumen werde. Er sei "kämpferisch entschlossen"
In Hessen sind im März Kommunalwahlen, die FDP befürchtet dort massive Verluste. Laut "Spiegel" trugen FDP-Fraktionsvorsitzende aus sieben Ländern Westerwelle bereits bei einem Treffen in der FDP- Zentrale am 2. Dezember vor, welche Belastung er für ihre Wahlkämpfe im kommenden Jahr bedeute. Der Parteichef wies die Vorwürfe jedoch zurück - er kenne die Stimmung in der Partei.
Der baden-württembergische FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke berichtete in der Runde von wachsender Wut und Frustration in der Partei, die sich gegen die Führung richteten. Sein Berliner Kollege Christoph Meyer beklagte das schlechte Erscheinungsbild der Parteispitze. So könne man die Mitglieder nicht motivieren, für die FDP zu werben. Der sachsen-anhaltische FDP-Fraktionschef Veit Wolpert sagte: "Wir verlangen keine Unterstützung aus Berlin. Wir wären schon froh, wenn sich der Schaden in Grenzen hielte."
Parteispitze steht hinter ihrem Chef
Viele Schwergewichte der FDP schließen jedoch wenige Wochen vor dem Dreikönigstreffen die Reihen hinter dem bedrängten Parteichef Guido Westerwelle. Westerwelles Kabinettskollegen Philipp Rösler, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Rainer Brüderle und Dirk Niebel geben dem Außenminister Rückendeckung. Die Furcht geht um, eine ungebremste Personaldebatte könne die Partei in die Bedeutungslosigkeit drücken.
"Guido Westerwelle hat klar signalisiert: Er wird die Partei in die Landtagswahlen des Frühjahres führen", sagte Gesundheitsminister Rösler. Das werde er auch erfolgreich tun. Rösler warf manchen Kritikern "Zwergenmut" vor. "Man sollte Kritik nur ernst nehmen, wenn sie offen und ehrlich vorgetragen wird", sagte der niedersächsische FDP-Chef.
Rösler sagte, Westerwelle habe einst als Generalsekretär gegen den politischen Gegner Aggressivität zeigen müssen. Das präge sein Bild in der Öffentlichkeit. Die FDP müsse jetzt durchhalten und kämpfen wie in den 1990er Jahren. "Da haben wir bei drei Landtagswahlen in der Summe noch nicht einmal fünf Prozent bekommen. Mit der erschwerten Kommunikation gelingt es uns nicht, die Glaubwürdigkeit der Themen, die wir besetzen, zu erreichen", sagte Rösler. Wenn die FDP ihre Themen umsetze, werde "nicht nur die Glaubwürdigkeit zunehmen, sondern auch die Verächtlichkeit abnehmen".
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel hält die Diskussion um Westerwelle für eine "völlig destruktive" Personaldiskussion. "Natürlich gibt es angesichts der Umfragewerte Unzufriedenheit in der Partei. Aber eine Debatte über den Parteivorsitzenden wird die Umfragewerte sicher nicht verbessern", sagte er im .
"Er genießt das Vertrauen des Präsidiums"
Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger warnte, die Personaldebatte könne "einen Scherbenhaufen" anrichten". Westerwelle habe die Partei zum guten Wahlergebnis 2009 geführt. "Wir haben eine gemeinsame Verantwortung im Team. Ich bin Teil dieses Teams und wir werden auch im Team gewinnen", sagte die Chefin der Bayern-FDP der "Mittelbayerischen Zeitung".
Leutheusser-Schnarrenberger war wie Wirtschaftsminister Brüderle bereits als neues Parteioberhaupt gehandelt worden. Auf die Frage, ob sie dazu bereit sei, sagte sie: "Ich sehe meinen Beitrag darin, als Bundesjustizministerin und bayerische Landesvorsitzende gerade die Bürgerrechtsthemen voranzutreiben." Brüderle sagte: "Die FDP hat einen Vorsitzenden, der das Vertrauen des gesamten Präsidiums genießt."
Die Partei könne bei einer Konzentration auf liberale Inhalte "die Stimmung wenden". Die FDP müsse sich "mit den Themen Bürgerrechte, Wirtschaft und Bildung" präsentieren. "Es kann noch vieles besser werden, um den Wählern in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz die FDP als überzeugende Alternative zu präsentieren."
Hessen-FDP fordert Sonderparteitag
Unterdessen strebt der Landesverband Hessen nach einem "Focus"- Bericht einen Sonderparteitag im Februar an. Ein entsprechender Antrag müsste von drei weiteren Landesverbänden unterstützt werden. Die Hessen befürchten ein schlechtes Ergebnis bei den Kommunalwahlen am 27. März.
Der FDP-Spitzenkandidat für die Rheinland-Pfalz-Landtagswahl am 27. März, Herbert Mertin, sagte dem Münchner Magazin: "Wenn - wie auf unseren Regionalkonferenzen - Kritik geübt wird und nichts geschieht, dann ärgert mich das. Wenn man dann noch aus Berlin hört, die durften sich mal auskotzen und jetzt ist gut, kann man sich nur wundern. Nichts ist gut." Westerwelle solle die Weihnachtsfeiertage nutzen, "damit wir wieder in die Offensive kommen", forderte Mertin. "Wenn wieder nichts geschieht, dann ist durch meine Äußerung wenigstens deutlich geworden, dass wir Rheinland-Pfälzer mit dieser Art der Politikgestaltung nicht mehr einverstanden sind."
Der Sprecher des "Liberalen Aufbruchs" in der FDP, der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler, äußerte Zweifel an der Besetzung des Außenministeriums durch Parteichef Westerwelle. "Es ist nach wie vor ein Fehler, dass wir das Finanzministerium nicht besetzen", sagte Schäffler dem "Focus". "Beim Poker um die Zukunft des Euro ist der Außenminister der Diplomat. Dadurch sitzen wir als FDP in der Falle." Die Partei müsse aber bei den großen Themen wie der Steuerpolitik und der Euro-Debatte erkennbar vorkommen.
Quelle: ntv.de, dpa/fma