Eine "Herzensangelegenheit" Westerwelle in Paris
02.11.2009, 17:19 Uhr
Soldaten begrüßen Westerwelle in Paris.
(Foto: dpa)
Außenminister Guido Westerwelle setzt seine Auslandsreise fort. In den Niederlanden betont er, wie wichtig auch die kleineren EU-Staaten seien. In Frankreich tritt er Sorgen entgegen, die Beziehung zum westlichen Nachbarn würden weniger bedeutend sein als für frühere Regierungen.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle will frischen Schwung in die Beziehungen zum engsten deutschen Partnerland Frankreich bringen. Bei seinem Antrittsbesuch in Paris bezeichnete der FDP-Chef die deutsch-französische Partnerschaft als "Herzensangelegenheit". Zugleich will die schwarz-gelbe Regierung aber auch wieder mehr Wert auf die Beziehungen zu kleineren EU-Staaten wie den Benelux-Ländern legen. Auch das "Weimarer Dreieck" aus Deutschland, Frankreich und Polen soll wiederbelebt werden.

Westerwelle mit dem französischen Premier Fillon ...
(Foto: dpa)
Fünf Tage nach seiner Vereidigung stattete Westerwelle sowohl in Paris als auch in Den Haag seine Antrittsbesuche ab. Nach einem Treffen mit Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner sagte er zur deutsch-französischen Freundschaft: "Das haben wir in den Genen, da müssen wir nichts mehr lernen." Kouchner sprach von einem "privilegierten Verhältnis" zwischen Paris und Berlin, das Grundlage für den europäischen Fortschritt sei.
Frankreich ersetzt fortan das Gedenken an den Waffenstillstand nach dem Ersten Weltkrieg durch einen Tag der deutsch-französischen Freundschaft. Präsident Nicolas Sarkozy habe in Abstimmung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel entschieden, den 11. November umzuwidmen, sagte Kouchner. Er verwies darauf, dass der letzte Überlebende des Ersten Weltkrieges vergangenes Jahr gestorben sei. Deshalb habe sich Frankreich entschieden, an dem Tag künftig die deutsch-französische Freundschaft zu feiern. In Deutschland ist der 11. November dagegen kein Feiertag.
"Jugendaustausch" gelobt
Die beiden Außenminister vereinbarten, künftig mindestens einmal die Woche miteinander zu telefonieren, um sich in außenpolitischen Fragen auch über Europa hinaus abzustimmen. Beide sprachen sich bereits mit Vornamen an und duzten einander. Westerwelle und Kouchner setzten sich zudem für ein baldiges Treffen des "Weimarer Dreiecks" in Berlin ein. Die Runde hat seit 2008 nicht mehr getagt. Einen konkreten Termin gibt es noch nicht.
"Zu dem Wertvollsten der deutsch-französischen Freundschaft zählt der Jugendaustausch", sagte Westerwelle. "Meine Generation ist davon geprägt." Allerdings wollte Westerwelle von seinen Französischkenntnissen lieber nicht Gebrauch machen. "Ich komme im Urlaub in Frankreich einigermaßen durch, ohne zu verhungern und zu verdursten", sagte Westerwelle. "Aber es ist so radebrechend, dass ich Ihnen nicht eine Kostprobe vorführen will."
Anschließend standen für Westerwelle noch Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Premierminister François Fillon auf dem Programm. Am Dienstag wollte der Bundesaußenminister nach Belgien und Luxemburg reisen.
"Keine Veranstaltung von einigen wenigen Großen"
Mögliche Sorgen in Frankreich, er könne den deutsch-französischen Beziehungen weniger Bedeutung beimessen als seine Vorgänger, seien "unbegründet", sagte Westerwelle. Hintergrund war auch Westerwelles erste bilaterale Antrittsreise am Samstag nach Polen, zwei Tage vor seiner Reise nach Paris.
Zuvor hatte Westerwelle Den Haag besucht. Dort bekannte er sich ausdrücklich zur engen Partnerschaft auch mit den kleineren EU-Ländern. "Europa ist keine Veranstaltung von einigen wenigen Großen, sondern in Europa gehören alle dazu." Er sprach von einer Fortsetzung der deutschen Außenpolitik, wie sie der frühere Kanzler Helmut Kohl und sein FDP-Vorgänger Hans-Dietrich Genscher gepflegt hätten. In Den Haag kam er mit Ministerpräsident Jan Peter Balkenende und Außenminister Maxime Verhagen zusammen.
"Frankreichs Geschenk an Deutschland"
Der französische Europastaatssekretär Pierre Lellouche teilte derweil mit, dass Frankreich den 20. Jahrestag des Berliner Mauerfalls mit einer großen Musik- und Bildschau feiern werde. Das Spektakel auf dem Concorde-Platz am Beginn der Champs-Elysées sei "Frankreichs Geschenk an Deutschland" zum 9. November, sagte Lellouche. Paris wolle mit dieser Geste zeigen, dass der Mauerfall "fortan vollkommen Teil unserer gemeinsamen europäischen Geschichte" sei.
Zu Spekulationen über neue deutsch-französiche Initativen anlässlich des Frankreich-Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der kommenden Woche wollte der Staatssekretär sich nicht äußern. Es gebe "viele Ideen" für eine stärkere Zusammenarbeit, sagte Lellouche. Entscheiden müssten darüber Merkel und Sarkozy. Merkel nimmt am 11. November in Paris an einer gemeinsamen Gedenkfeier anlässlich des 91. Jahrestages des Waffenstillstandes nach dem Ersten Weltkrieg teil. Ob der Termin wie von Paris angeregt dauerhaft in einen Tag der "deutsch-französischen Versöhnung" umgewandelt wird, ist offen.
Mit Blick auf neue deutsch-französische Initiativen hatte Lellouche Ende Oktober unter anderem gemeinsame Industrieprojekte und die Gründung einer deutsch-französischen "Wirtschaftswarte" angeregt, um die ökonomische Entwicklung in beiden Ländern besser abzustimmen. Presseberichte über einen neuen Freundschaftsvertrag hat er zurückgewiesen.
Quelle: ntv.de, dpa