Politik

Nach Grünen-Parteitag Widerstand in der Fraktion

Die Grünen stehen nach dem Parteitagsvotum gegen die Bundeswehreinsätze in Afghanistan vor einer Zerreißprobe. Mehrere Bundestagsabgeordnete kündigten bereits an, sich dem Beschluss zu widersetzen und für eine Verlängerung der ISAF-Mission und des Tornado-Einsatzes zu stimmen.

Aus Ärger über die Zusammenlegung dieser beiden Mandate hatte der Göttinger Sonderparteitag der Bundestagsfraktion zuvor eine Ablehnung empfohlen und dem Parteivorstand damit eine herbe Niederlage bereitet. Die Parteispitze wollte den Abgeordneten ihr Abstimmungsverhalten freistellen.

Große Koalition hadert mit Grünen

Die Union kritisierte das Parteitags-Votum als verantwortungslos. "Das ist ein Schlag ins Gesicht der Hilfsbedürftigen vor Ort", erklärte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte im ZDF, zu Zeiten von Außenminister Joschka Fischer wäre es bei den Grünen nicht zu einem solchen Beschluss gekommen. "Sie verabschieden sich aus der Realpolitik." Zweifel an einer Zustimmung zur Verlängerung der Afghanistan-Einsätze im Bundestag hat Struck trotzdem nicht: "Ich denke wir werden eine Mehrheit bekommen, auch in der Fraktion", sagte er.

Die Linkspartei begrüßte die Entscheidung der Grünen-Basis dagegen. Damit stelle die Partei ihre Außenpolitik wieder auf den Boden des Völkerrechts, erklärte Fraktionschef Oskar Lafontaine.

Der Parteitag hatte sich zwar grundsätzlich für die Verlängerung des ISAF-Einsatzes zur militärischen Absicherung des Wiederaufbaus in Afghanistan ausgesprochen. Wegen des breiten Widerstands gegen den Tornado-Einsatz empfahl er aber die Ablehnung des gekoppelten Mandats. Die Delegierten plädierten auch für ein Ende der Beteiligung an der Anti-Terror-Operation Enduring Freedom (OEF), gegen deren Verlängerung die Fraktion bereits 2006 gestimmt hatte, sowie für eine Verdoppelung der Mittel zugunsten des zivilen Engagements auf 200 Millionen Euro jährlich.

Erinnerungen an DDR

Parteichef Reinhard Bütikofer zeigte sich enttäuscht, über die Empfehlung des Parteitags zur Ablehnung des gekoppelten Mandats, die mit 361 Stimmen angenommen worden war. Der Vorstandsantrag zur Aufhebung des Fraktionszwanges erhielt nur 264 Stimmen. Bütikofer bezeichnete das Abstimmungsergebnis als "Niederlage für die Führung". Seine Co-Vorsitzende Claudia Roth sah darin allerdings "politisch keine Ohrfeige". Es hätten "diejenigen gewonnen, die für ihre Politik gekämpft haben". Dies sei "eine gute Grundlage, auf der die Afghanistan-Politik aufbauen kann". Sie kündigte an, im Bundestag dem gekoppelten Mandat nicht zuzustimmen.

Mehrere Abgeordnete wollen von dem Parteitagsbeschluss abweichen. "Ich werde nach meinem Gewissen entscheiden und ich kann nicht gegen ISAF stimmen", sagte Wirtschaftsexpertin Kerstin Andreae dem "Handelsblatt". Die ostdeutsche Abgeordnete Undine Kurth will ebenfalls der ISAF-Mission und dem Tornado-Einsatz zustimmen. "Ich habe nicht die DDR hinter mich gebracht, wo mir eine zentrale Parteileitung vorgeschrieben hat, wie ich zu denken und zu stimmen habe, um jetzt mein Abstimmungsverhalten von der Weisheit der Entscheidung eines Parteitages abhängig zu machen", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung".

Quelle: ntv.de

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