Politik

"Ich bin doch kein Krimineller" Wie tickt Ratko Mladic?

Während Ratko Mladic in seiner Zelle auf die Auslieferung an das UN-Kriegsverbrechertribunal wartet, fragt sich die Öffentlichkeit, was für ein Mensch der Ex-General ist. Wie tickt ein mutmaßlicher Massenmörder?

Mladic wurde am 26. Mai - fast 16 Jahre nach dem Ende des Bosnienkrieges - in Serbien verhaftet.

Mladic wurde am 26. Mai - fast 16 Jahre nach dem Ende des Bosnienkrieges - in Serbien verhaftet.

(Foto: AP)

In einem sind sich alle Experten in Serbien einig. Voraussetzung für die jahrelange Flucht des als Kriegsverbrecher gesuchten Ratko Mladic war sein hundertprozentiger Glaube, im Bosnien-Krieg (1992-1995) moralisch absolut richtig gehandelt zu haben. Auch heute seien ihm selbst leiseste Zweifel fremd, er habe eventuell Fehler gemacht oder schwere Verbrechen begangen, beschreibt ihn die heimische Psychologenzunft.

"Er ist der Typ autokratischer Führer, der keine Ratschläge braucht und keine Hilfe, sondern der kommandiert und absoluten Gehorsam abfordert", sagte der Psychologe Zarko Trebjesanin der Zeitung "Press". "Er trägt Züge von Selbstverliebtheit, von Narzissmus", heißt es in der Analyse weiter. "Mladic selbst glaubt, er sei ein unfehlbarer, genialer Kriegskommandant. Er war trunken von seinem eigenen Charisma und seinem Ruhm".

Mladic schiebt Verantwortung von sich

Der ehemalige Befehlshaber der bosnischen Serben, Ratko Mladic, hatte sich angeblich seit 2006 in einem Frauenkloster versteckt. (Screenshot von der Interpol-Internetseite)

Der ehemalige Befehlshaber der bosnischen Serben, Ratko Mladic, hatte sich angeblich seit 2006 in einem Frauenkloster versteckt. (Screenshot von der Interpol-Internetseite)

(Foto: dpa)

Auch heute zeigt der 69-Jährige kein Zeichen veränderter Positionen. "Ich bin doch kein Krimineller", zeigte er sich aufrichtig empört, als der Untersuchungsrichter ihn mit der Anklage schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit konfrontierte. Und auch das Befehlen hat der Ex-General nicht verlernt. "Tritt zur Seite, damit ich mich setzen kann!", herrschte er nach Berichten von Beteiligten einen Polizeibeamten bei seiner Vernehmung an.

Mladic schiebt alle Verantwortung bei den Vernehmungen auf Slobodan Milosevic, der 2006 im UN-Tribunal an einem Herzversagen gestorben war. Der serbische Machthaber gilt als der eigentliche Drahtzieher und Antreiber der vielen Kriege zur Schaffung eines Großserbiens. Und Mladic sieht sich lediglich als das ausführende Organ von Milosevic, ein militärischer Experte, der dessen Aufträge durchführte. "Ihr habt ihn doch gewählt", wälzte er jede Verantwortung auf Milosevic und dessen Anhänger ab.

"Serbische Rächer an den Türken"

Der Psychotherapeut Zoran Milivojevic bescheinigt Mladic eine "deformierte Persönlichkeit". Eine so lange Flucht und Isolation "deformiert jeden Charakter", sagte er dem Sender B92. Der Neuropsychiater Zoran Djuric diagnostiziert bei Mladic in der Zeitung "Politika" Uneinsichtigkeit. Er habe nicht begriffen, dass er mit seiner Flucht das ganze serbische Volk zur Geisel genommen habe: "Hätte Mladic sein Volk geliebt, hätte er sich gestellt und so die Chance gehabt, ein Held zu werden".

Und so zeigen schon die ersten Vernehmungen die Richtung seiner Verteidigung vor dem UN-Tribunal. Mladic sieht sich als "Helden, wackeren Patrioten und Beschützer seines Volkes", erwarten die heimischen Psychologen. Er hat noch nie daraus ein Hehl gemacht, wie er sich selbst sieht. Als "serbischer Rächer an den Türken". Im Klartext: Er beansprucht, seine Landsleute für deren jahrhundertelange Unterdrückung durch das Osmanische Reich zu rächen.

Quelle: ntv.de, Thomas Brey, dpa

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