Wohlstand durch Weltoffenheit Wirtschaftsverbände warnen vor "großem Schaden" durch AfD-Erfolge
31.12.2023, 09:33 Uhr Artikel anhören
Die AfD leite viele ihrer Position aus dem Nationalismus ab, kritisiert Arbeitgeberpräsident Dulger. Deutschlands sei aber eine weltoffene Industrie- und Handelsnation.
(Foto: picture alliance/dpa)
Umfragen sehen die AfD vor Wahlsiegen in mehreren Bundesländern. Der Verfassungsschutz stuft die betreffenden Landesverbände teils als gesichert rechtsextrem ein. Die Chefs der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft machen sich Sorgen - insbesondere angesichts der anstehenden Europawahl.
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnen vor AfD-Wahlerfolgen im kommenden Jahr. "Wer erwägt, die AfD zu wählen, muss wissen: Diese Partei richtet großen Schaden an", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, der Deutschen Presse-Agentur. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte: "Der zunehmende Zuspruch, den die AfD erhält, besorgt mich als Unternehmer und als Arbeitgeberpräsident sehr, wirklich sehr."
Im Juni findet die Europawahl statt. Im September werden die Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neu gewählt. In allen drei Ländern lag die AfD in Umfragen zuletzt vorn. Der AfD-Landesverband Sachsen wurde kürzlich vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft, in Thüringen ist die Landes-AfD schon länger so eingestuft.
Russwurm sagte mit Blick auf die Wahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern: "Da habe ich große Sorgen. Vieles, von dem die Bundesregierung sagt, wir haben doch geliefert, trifft in weiten Teilen der Bevölkerung auf große Skepsis und mangelnde Akzeptanz. In dieser Lage fischt die AfD Stimmen mit vermeintlich einfachen Lösungen, die keine sind. Ich treffe fast ausschließlich Unternehmerinnen und Unternehmer, die klare Kante zeigen: Das Programm der AfD schadet unserem Land. Es schadet der Wirtschaft und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt."
Weltoffenheit "Grundlage unseres Wohlstands"
Die AfD leite viele ihrer Positionen aus dem Nationalismus ab, monierte Dulger. "Wir haben unseren Wohlstand in Deutschland nicht mit Nationalismus aufgebaut, sondern wir waren und sind eine weltoffene und liberale Industrie- und Handelsnation." Deutschland profitiere wie wenig andere Länder von seiner Weltoffenheit. "Ich habe von der AfD auch noch keine Antwort auf die Frage gesehen, wie wir die Fachkräftelücke füllen wollen, die uns die Alterung der Gesellschaft bringt", sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.
An der AfD störe ihn dabei insbesondere auch die antieuropäische Einstellung, führte Dulger weiter aus. "Wir dürfen nicht vergessen, dass das Modell der Europäischen Union, eines vereinten Europas, nicht nur der Grund und die Ursache eines dauerhaften, mehr als 70 Jahre währenden Friedens in Europa ist, sondern auch der Garant für den Wohlstand, den wir heute alle genießen", so Dulger weiter. "Das ist doch das Erfolgsmodell Europa, das wir wollen. Und das alles steht bei der AfD so nicht auf der Agenda - die destruktive Anti-Haltung macht mir einfach große Sorge."
Russwurm fordert Pro-Europa-Kampagne
Viele AfD-Wähler seien enttäuscht von den großen Volksparteien, sagte Dulger. "Die sagen: Es reicht. Dem sollte die Politik mehr Sorge tragen. Dazu gehört, dass die Bundesregierung nun liefert und sich nicht wieder in Debatten mit sich selbst verstrickt. Viele Parteien wollen bestimmte Themen auch nicht anfassen. Das ist falsch. Hier entsteht ein Vakuum, das die AfD gerne füllt."
Russwurm forderte mehr Engagement für Europa. Bis zur Europawahl seien es nur noch sechs Monate. "Ich würde mir schon längst eine Kampagne der demokratischen Parteien wünschen, möglichst viele Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, wie sinnvoll, wie wichtig Europa für uns ist. Aus der Industrie hören Sie das an allen Ecken und Enden. Wir wollen mehr Europa und ein stärkeres Europa. Manche Dinge, die wir in Europa noch nicht angegangen sind, müssen jetzt angepackt werden, zum Beispiel eine Kapitalmarktunion, eine vertiefte Energiezusammenarbeit, und ein digitaler Binnenmarkt mit gleicher Umsetzung in der ganzen EU."
Quelle: ntv.de, mbo/dpa