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Lanz-Talk zu Koalitionsausschuss Wo kann die SPD punkten?

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 "Was soll jetzt der Versuch der SPD sein, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben?", fragt Kühnert bei Lanz.

"Was soll jetzt der Versuch der SPD sein, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben?", fragt Kühnert bei Lanz.

(Foto: ZDF und Markus Hertrich)

Nach dem Koalitionsausschuss in Berlin darf sich die FDP zu Recht als Sieger fühlen. Auch die Grünen haben einiges erreicht. In seiner Talkshow versucht Lanz gemeinsam mit SPD-Generalsekretär Kühnert herauszufinden, wo die Sozialdemokraten Punkte gemacht haben.

Nachdem am Dienstagabend der Koalitionsausschuss im Kanzleramt zu Ende gegangen ist, häufen sich die kritischen Stimmen. Der Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag am Mittwochmittag dürfte sie nicht zum Verstummen gebracht haben. Scholz jedenfalls ist glücklich, zumindest tut er so. Man habe viel erreicht, für den Klimaschutz und den wirtschaftlichen Wandel, sagt er.

Wahr ist: Die Bundesregierung hat sich einiges vorgenommen. Bürokratieabbau, vor allem den beschleunigten Ausbau von Autobahn und Schiene, weitgehend umweltfreundliches Heizen, um nur einige Punkte zu nennen. Heftig kritisiert werden die Ampelpläne, die Sektorziele im Klimaschutzgesetz abzuschaffen.

Insgesamt kann sich die FDP freuen. Sie hat viele ihrer Ziele durchgesetzt. Ein wenig haben auch die Grünen erreicht, doch sie müssen vor allem Kröten schlucken: Die Finanzierung des von ihnen geforderten Schienenausbaus durch Mehreinnahmen bei der LKW-Maut ist mehr als unsicher, über eine mögliche Gestaltung des Tempolimits wurde nicht einmal gesprochen.

Und wo bleibt bei allem die SPD? Welche Forderungen sie bei dem Koalitionsausschuss durchgesetzt hat, bleibt unklar. In der ZDF-Sendung Markus Lanz versucht der Moderator, eine Antwort von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zu bekommen. Das Ergebnis: ernüchternd.

Positionspapier offenbar vorher fast fertig

Das Ergebnis ist ein Dokument, das sechzehn Seiten umfasst, von denen nach Informationen des Pioneer fünfzehn bereits vor Beginn der Mammutsitzung fertig waren. Kühnert bestätigt die Information mehr oder weniger: "Sinn und Zweck eines Koalitionsausschusses ist nicht, dass alle zusammenkommen und vor einem leeren Tisch sitzen. Natürlich macht man sich über die Themen vorher Gedanken, und natürlich wird auf der Arbeitsebene schon darüber gesprochen", erklärt er bei Lanz. Es sei nicht darum gegangen, über neue Themen zu diskutieren und sich erst eine Meinung bilden zu müssen. Viele der behandelten Punkte seien nicht neu gewesen, sagt Kühnert.

Dann kommt er zur Aufgabe seiner Partei. Er macht das am Beispiel des Ausbaus der Autobahnen deutlich. Schon vor dem Gipfeltreffen konnte man die 144 zur Diskussion stehenden Projekte im Verkehrswegeplan nachlesen. Neu ist hier, dass der Ausbau jetzt beschleunigt werden soll. Das habe die FDP gewollt, während die Grünen am liebsten keine neuen Autobahnen gebaut hätten. Und die SPD? Die spielte Vermittler. Denn, so Kühnert: "Was soll jetzt der Versuch der SPD sein, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben? Sollen wir fordern, dass alle Autobahnen rot angestrichen sind und auf Knopfdruck die Internationale spielen, damit erkennbar ist, dass das ein SPD-Projekt ist?"

Was die SPD wirklich will, sagt Kühnert auch: 15 Millionen E-Autos. Die sollen 2030 auf den Straßen sein. Zurzeit seien in Deutschland lediglich eine Million unterwegs. In Deutschland wolle VW in zwei oder drei Jahren einen E-Polo auf den Markt bringen, sagt Kühnert, "und dann sind wir endlich mal in einer Preisklasse, wo ein E-Auto für Menschen mit mittleren oder geringfügigen Einkommen endlich erschwinglich ist." Dass es internationale Marken wie Dacia gibt, die durchaus vergleichsweise preiswerte E-Autos produzieren, scheint Kühnert zu übersehen.

"Haben uns nicht von Sektorzielen verabschiedet"

Auch zur angeblichen Aufweichung des Umweltschutzgesetzes äußert sich Kühnert: "Wir haben uns nicht von den Sektorzielen verabschiedet, wir schauen sie nur anders an", erklärt er. Die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien im Automobilsektor wirke sich nicht von heute auf morgen aus.

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Wichtig sei, die gesetzten Ziele für das Jahr 2030 pünktlich zu erreichen. Das bedeute jedoch nicht, dass Verkehrsminister Wissing von der FDP nun nichts mehr zu tun habe. "Die Tatsache, dass die großen Früchte noch nicht geerntet werden können, darf natürlich nicht dazu führen, dass die kleinen Früchte nicht mitgenommen werden."

Wer bei dem Gespräch zwischen Markus Lanz und Kevin Kühnert genau zugehört hat, könnte sich am Ende ein Bild der Ampelkoalition machen, das ungefähr so aussieht: Die FDP hat marktwirtschaftliche, die Grünen haben ökologische Positionen. Und die SPD? Die ist auch da und greift ein, wenn die Positionen zu sehr auseinanderdriften. Also quasi die alte Tante, die abwechselnd dem einen oder dem anderen Neffen beruhigend über den Kopf streichelt. Beruhigend für die Sozialdemokraten könnte sein, dass es neben dem ökologischen Umbau Deutschlands noch andere Themen gibt - und SPD-Ministerinnen und -Minister, denen eine gewisse Profilierung gelingt.

Quelle: ntv.de

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