Politik

Demokratieübung in China Wukaner wählen Dorfkomitee

Große Freude bei Lin Zuluan. Er hatte die Proteste angeführt und wurde nun zum Chef gewählt.

Große Freude bei Lin Zuluan. Er hatte die Proteste angeführt und wurde nun zum Chef gewählt.

(Foto: AP)

In China wird die Regierung nicht vom Volk gewählt, sondern von der Spitze der Kommunistischen Partei bestimmt. Anders in Wukan - in dem kleinen Fischerdorf strömen die Bürger zu Tausenden an die Wahlurnen. 21 Kandidaten treten für ein siebenköpfiges Dorfkomitee an. Nur zwei werden auf Anhieb gewählt.

In einer für das Land unüblichen freien Kommunalwahl haben die Bewohner des chinesischen Fischerdorfs Wukan am Wochenende die sieben Mitglieder ihres Dorfkomitees bestimmt. Bei der ungewohnten Demokratieübung gingen am Samstag mehr als 6800 Dorfbewohner und damit mehr als 81 Prozent der Stimmberechtigten gut gelaunt zur Wahl. Weil nur zwei der 21 Kandidaten auf Anhieb die erforderliche Mehrheit bekamen, gab es eine Stichwahl.

Mütter mit Kindern in den Armen strömten ebenso an die Wahlurnen wie ältere Dorfbewohner. Auf dem Pausenhof der Dorfschule bildeten sich lange Schlangen vor den Wahlkabinen und den Metallboxen, in die jeder Wähler einen Stimmzettel mit sieben Namen stecken musste. "Sie ermöglichen uns eine demokratische Wahl, ich bin so glücklich", sagte ein Einwohner mit Blick auf die Kommunistische Partei.

Korrupte Vorgänger wurden verjagt

Wukan in der südchinesischen Provinz Guangdong war Ende 2011 weltbekannt geworden, als dort tausende Menschen tagelang gegen die örtlichen Behörden protestierten, denen sie Korruption und den illegalen Verkauf von Gemeindeland vorwarfen. Die Bewohner verjagten Polizisten und Beamte und bildeten selbst ein vorläufiges Verwaltungskomitee. Seit dem Tod eines Verhandlungsführers in Polizeihaft im Dezember war die Lage stark angespannt. Die Provinzregierung von Guangdong lenkte erst ein, als die Proteste weltweit Schlagzeilen machten. Das umstrittene Bauprojekt, das die Unruhen ausgelöst hatte, wurde auf Eis gelegt.

Mitte Februar wählten die Bewohner von Wukan dann mehr als hundert Vertreter, die später die 21 Kandidaten für das siebenköpfige Dorfkomitee vorschlugen. Nur zwei von ihnen bekamen bei der Abstimmung am Samstag genug Stimmen, um gleich auf Anhieb gewählt zu werden. Vorsitzender des Dorfkomitees bleibt Lin Zuluan, für den laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua mehr als 6200 Dorfbewohner stimmten. Er hatte die Proteste gegen die Behörden mit angeführt und war bereits im Januar zum neuen Chef des Dorfkomitees ernannt worden.

"Wir danken euch für eure Zustimmung, und wir wissen, welche Hoffnungen die Dorfbewohner in uns gesetzt haben", sagte Lin nach der Wahl unter lautem Beifall. "Wir werden unsere Ziele ganz bestimmt erreichen und ganz bestimmt gute Arbeit leisten", fügte er hinzu. Sein künftiger Stellvertreter Yan Semao bekam laut Xinhua rund 3600 Stimmen. Die restlichen fünf Kandidaten, darunter ebenfalls mehrere Anführer der Proteste, wurden in der Stichwahl bestimmt.

Nicht vom Volk gewählt

In China wird die Regierung nicht vom Volk gewählt, sondern von der Spitze der Kommunistischen Partei bestimmt. Auf Gemeindeebene sind Wahlen zwar grundsätzlich möglich, doch unterstehen auch die Gemeinderäte letztlich der Partei. Sie schlägt die Kandidaten vor, die meist ohne Gegenkandidaten antreten. Viele Dorfbewohner werfen den Behörden zudem vor, die Wahlen zu manipulieren.

In Wukan gab es nach Angaben von Dorfbewohnern bislang nie freie Wahlen. Das Dorfkomitee wurde stets hinter verschlossenen Türen ernannt. Dass über die erste freie Kommunalwahl in Wukan auch die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, wurde als Zeichen gewertet, dass die Abstimmung die Zustimmung der kommunistischen Staatsführung hatte.

Quelle: ntv.de, AFP

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