Weitere Anrufe werden bekannt Wusste die CSU-Spitze Bescheid?
25.10.2012, 16:57 Uhr
Horst Seehofer entließ seinen Pressesprecher. Die Opposition hält das nicht für ausreichend.
(Foto: dapd)
In der Affäre um einen Anruf des CSU-Pressesprechers Michael Strepp, gerät Parteichef Horst Seehofer in die Schusslinie. Die Opposition in Bayern glaubt nicht an ein eigenmächtiges Handeln Strepps. Außerdem wird bekannt: Es gab zwei weitere Anrufe und eine SMS an ZDF-Journalisten.
Die Affäre um die angeblich versuchte Einflussnahme auf die ZDF-Berichterstattung ist für CSU-Chef Horst Seehofer auch nach der Entlassung seines Pressesprechers nicht ausgestanden. SPD und Grüne bezeichneten den Sprecher Hans Michael Strepp am Donnerstag als Bauernopfer, in einer hitzigen Landtagsdebatte geriet Seehofer in München selbst ins Visier.
Angesichts des öffentlichen Drucks hatte Strepp seinen Parteichef laut CSU um die Entbindung von seinen Aufgaben gebeten, Seehofer habe diesem entsprochen. Vor Journalisten nannte der CSU-Chef den Schritt "unvermeidlich".
Strepp hatte am Sonntag in der Redaktion der ZDF-Nachrichtensendung "heute" angerufen, wie CSU und ZDF bestätigen. Dabei ging es um die Berichterstattung des Senders über die Wahl des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Umstritten ist aber der Inhalt des Telefonats. Strepp bestreitet in seinen Erklärungen jeden Versuch der Einflussnahme.
ZDF berichtet von weiteren Anrufen
ZDF-Intendant Thomas Bellut veröffentlichte dagegen einen Ablauf der Intervention Strepps, um den Vorwurf zu dokumentieren. Die Intention des Anrufs bei der "heute"-Redaktion war laut Bellut "eindeutig". Der angerufene Redakteur fasste das Telefonat demnach so zusammen: "Er fragte, ob wir wüssten, dass weder die ARD noch Phoenix über den SPD-Landesparteitag berichten würden. Er sei informiert, dass wir einen Beitrag planten. Weit davon entfernt, in das Programm reinzureden, wolle er aber doch rechtzeitig zu bedenken geben, dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang sende."
Laut Bellut schickte Strepp auch eine zuvor noch nicht bekannt gewordene SMS an den Leiter des ZDF-Landesstudios München, um sich über den Umfang der Berichterstattung über Ude zu erkundigen. Zudem habe er bei dem Landeschef angerufen und außerdem versucht, den ZDF-Nachrichtenchef zu erreichen. ZDF-Chefredakteur Peter Frey erklärte zu den Abläufen, "der CSU-Pressesprecher hat am Sonntag auf verschiedenen Wegen versucht, die Berichterstattung des ZDF über eine andere Partei zu beeinflussen".
"Pressestrategie Seehofers"
Der Vorgang löste Kritik in der Bundes- und Landespolitik sowie vom Deutschen Journalistenverband aus. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erklärte, es sei "schwer vorstellbar, dass der Pressesprecher völlig eigenmächtig handelte". CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt müsse nun für Transparenz sorgen. Auch der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, nannte Strepp ein Bauernopfer. "Die Frage ist doch, ist vorstellbar, dass ein Mitarbeiter so etwas auf eigene Kappe macht? Wohl kaum."
In einer Debatte des bayerischen Landtags zu einem Dringlichkeitsantrag der SPD sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, der Anruf sei kein Ausrutscher gewesen, sondern Ausdruck der Pressestrategie Seehofers. "Wir haben es mit einer handfesten Causa Horst Seehofer zu tun."
Grünen-Fraktionschefin Margarethe Bause sagte, "es geht hier um den Chef des Herrn Strepp. Es geht hier um Horst Seehofer." Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident habe Angst vor Machtverlust bei der Landtagswahl 2013. Freie-Wähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger sprach von einem "System CSU". Für dieses System des Machterhalts sei den Christsozialen jedes Mittel Recht.
Quelle: ntv.de, AFP