Politik

Mehr als 100.000 Zahl der Bootsflüchtlinge steigt

Flüchtlinge vor Rhodos: Immer mehr wagen die gefährliche Überfahrt, viele ertrinken.

Flüchtlinge vor Rhodos: Immer mehr wagen die gefährliche Überfahrt, viele ertrinken.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die desolate Sicherheitslage in vielen Regionen südlich und östlich des Mittelmeers lässt die Flüchtlingszahlen hochschnellen. Besonders ein Land, das ohnehin schon einige Probleme hat, bekommt die Situation kaum mehr in den Griff.

Rund 102.000 Menschen sind seit Beginn dieses Jahres in Booten über das Mittelmeer nach Europa geflohen. Die Schwelle von 100.000 sei damit etwas früher überschritten worden als im vergangenen Jahr, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit. Für die nächsten Monate werde ein starker Anstieg der Flüchtlingszahlen erwartet. "Eine ruhigere Wetterlage dürfte Schlepper ermutigen, nicht seetüchtige offene Boote mit noch mehr schutzlosen Menschen zu füllen", sagte IOM-Sprecher Leonard Doyle.

Fast 55.000 der zumeist aus dem Nahen Osten und Afrika stammenden Menschen seien in Italien an Land gegangen. Eine besonders starke Zunahme im Vergleich zum Vorjahr habe Griechenland verkraften müssen. Nach 34.000 Flüchtlingen im gesamten letzten Jahr kamen in den ersten fünf Monaten 2015 bereits 46.000. Erste Anlaufstelle für die Flüchtlingsboote ist die Insel Lesbos, die in wenigen Stunden von der türkischen Küste aus erreicht werden kann. Rund 300 Flüchtlinge werden auf Lesbos derzeit täglich gezählt, auf den griechischen Inseln insgesamt rund 600 pro Tag.

UN schlagen mal wieder Alarm

"Die Schleuser bringen die Menschen direkt in den Hafen rein", sagte ein Offizier der Küstenwache von der Insel Chios. Die Behörden könnten den Flüchtlingsstrom nicht mehr stoppen. Allein im Mai sind nach Angaben des Bürgermeisters von Chios, Manolis Vournous, 3400 Migranten angekommen. Alle wollten nach Piräus und danach nach Westeuropa, sagte er der Athener Zeitung "Kathimerini". Die Migranten stammten überwiegend aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Pakistan und dem Irak. Durch die Ägäis führen Routen, über die Schleuserbanden Migranten nach Europa bringen.

In Italien hatten kürzlich die drei nördlichen Regionen Ligurien, Lombardei und Venetien gewarnt, sie würden keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen. Auch unter den EU-Ländern wird über die Verteilung der Einwanderer gestritten. Viele Hauptstädte stemmen sich gegen den Plan der EU-Kommission, 40.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland nach einem Quotenschlüssel zu verteilen. Deutschland steht hinter dem Vorhaben.

Das UN-Flüchtlingswerk (UNHCR) sprach angesichts der neuen Zahlen von einer "dramatischen Situation". Die Menschen flüchteten vor Armut, Unterdrückung und Konflikten in ihren Heimatländern. Viele stammten aus Eritrea, Somalia, Nigeria und Syrien. Fast alle Flüchtlinge hätten an Libyens Küsten die gefährliche Überfahrt begonnen. Wie UNHCR-Sprecher Adrian Edwards weiter mitteilte, kamen dabei in diesem Jahr bereits rund 1800 Flüchtlinge ums Leben. Die UN-Organisation wolle ihre Präsenz in Griechenland und Süditalien daher verstärken. 

Quelle: ntv.de, dka/dpa/AFP

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