Politik

DGB vs. Ministerin Zahlenkrieg um Rente mit 67

Wie viele Menschen arbeiten eigentlich tatsächlich bis zu ihrem 67. Geburtstag? Verschiedene Statistiken kommen zu sehr unterschiedlichen Anworten auf diese Frage. Für die Einführung der Rente mit 67 ist die positive Beschäftigungsentwicklung bei älteren Menschen Voraussetzung. Die sieht der DGB nicht, Ministerin von der Leyen aber schon.

Mit über 60 noch im Arbeitsprozess, das schaffen zu wenige.

Mit über 60 noch im Arbeitsprozess, das schaffen zu wenige.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) würde lieber höhere Rentenbeiträge in Kauf nehmen als die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Bei einem Verzicht auf die Rente mit 67 "käme auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen eine Beitragserhöhung von gerade einmal 0,6 Prozentpunkten zu. Das wäre keine Zumutung", sagte DGB-Chef Michael Sommer der "Passauer Neuen Presse". "Die Rente mit 67 muss auf Eis gelegt werden", verlangte der Gewerkschaftschef.

Sommer wies darauf hin, dass das höhere Renteneintrittsalter bei dem Beschluss zu seiner Einführung ausdrücklich an eine positive Entwicklung der Beschäftigung Älterer gebunden worden sei, die es aber nicht gebe. Deshalb wäre eine Einführung der Rente mit 67 zum jetzigen Zeitpunkt "gesetzeswidrig".

Die Tücken der Statistik

Er warf zugleich Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor, die entsprechenden Zahlen schönzureden. "Wir halten uns an die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Und die sind eindeutig: Sie zeigen, dass sich die Beschäftigungschancen verschlechtert haben", sagte der Gewerkschaftschef.

Das DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach Rente sieht in der Rente mit 67 "de facto eine Rentenkürzung". Ältere profitierten deutlich weniger als andere von der Konjunkturerholung. "Rund 900.000 Arbeitslose über 55, davon 300.000 für länger als zwei Jahre, das sind immer noch dramatische Zahlen", sagte sie der "Frankfurter Rundschau".

Die Zahl der arbeitslos Gemeldeten zwischen 60 und 64 Jahren sind nach einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) zwischen Oktober 2007 und Oktober 2010 von 34.500 auf 145.500 gestiegen. Allerdings waren 2007 rund 400.000 Personen über 58 in einer Vorruhestandsregelung und bekamen Arbeitslosengeld bis zur Rente, ohne in der Statistik aufzutauchen. Diese 58er-Regelung gibt es nicht mehr. Bundesarbeitsministerin von der Leyen sagt daher, nicht die Zahl der arbeitslosen Älteren sei gestiegen, sondern die Statistik sei nur ehrlicher.

Mehr als statistischer Effekt

Sommer bezweifelt dies. "Hier macht die Bundesregierung Politik nach dem Motto: Glaube keiner Statistik ­ es sei denn, Du hast sie selbst gefälscht", sagte er. "Wenn sich die Zahl der älteren Arbeitslosen vervierfacht, darf man das nicht wie Frau von der Leyen als statistischen Effekt verharmlosen." Die Ministerin solle "aufhören, die Statistik schönzureden". Bei der nächsten Wahl würden Union und FDP von den Wählern "die Quittung für ihre verfehlte Rentenpolitik erhalten".

Buntenbach ergänzte, auch heute seien mehr Ältere arbeitslos, als die Zahlen zeigten. "Zum Beispiel tauchen Arbeitslose über 58 für ein Jahr auf, verschwinden dann aber wieder aus der Statistik". Wer Arbeitsvermittlungsgutscheine erhalte, werde nicht berücksichtigt.

Nur jeder Vierte findet laut Buntenbach in diesem Alter zurück in den Arbeitsmarkt. Lediglich zehn Prozent der 63- und 64-Jährigen seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt. "Die Politik muss eine Antwort darauf geben, was mit all denen werden soll, die es schon jetzt nicht bis zur 65, geschweige denn bis zur 67 schaffen".

Von der Leyen meint dagegen, der schrittweisen Einführung der Rente mit 67 ab 2012 stehe nichts mehr im Wege. Sie stützt sich dabei auf Daten zum Bericht über die Arbeitsmarktchancen Älterer, dessen Entwurf der dpa vorliegt. Der Bericht soll am Mittwoch vorgestellt werden. Er kommt zu dem Schluss, dass der "Prozess längerer Erwerbsdauer begonnen" habe. Die Erwerbsquote der Menschen von 60 bis unter 65 habe sich seit 2000 auf 40 Prozent fast verdoppelt.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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