Geisel-Drama im Jemen Zwei deutsche Mädchen frei
18.05.2010, 17:20 Uhr
Eine saudische Spezialeinheit griff zu.
(Foto: dpa)
Zwei Kinder der vor elf Monaten im Jemen entführten Familie aus Sachsen sind gerettet. Den beiden Mädchen geht es den Umständen entsprechend gut, bestätigt Außenminister Westerwelle. Von ihren Eltern und jüngeren Bruder fehlt aber jede Spur.
Zwei vor fast einem Jahr im Jemen entführte deutsche Kinder sind wieder frei. Saudiarabische Truppen befreiten die vier und sechs Jahre alten Mädchen im Grenzgebiet zwischen beiden Ländern, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Riad mitteilte. Zum Schicksal ihrer ebenfalls entführten Eltern, ihres Bruders und einer britischen Geisel machte er keine Angaben. Medienberichten zufolge ist der einjährige Bruder wahrscheinlich tot.

Die Deutschen waren vor fast einem Jahr im Jemen verschleppt worden.
(Foto: AP)
Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, die beiden Mädchen befänden sich in sicherer Obhut der saudiarabischen Behörden. Ihnen gehe es den schwierigen Umständen entsprechend gut. Sie sollten am Mittwoch nach Deutschland zurückkehren. "Was die übrigen Geiseln angeht, so haben wir nach wie vor leider keine Gewissheit und auch keine belastbaren Informationen", sagte Westerwelle in Berlin. "Ihre Lage erfüllt uns mit großer Sorge bei aller Freude darüber, dass wir die beiden Mädchen sicher zurückhaben." Die deutschen Behörden unternähmen alles, um so schnell wie möglich Klarheit über ihr Schicksal zu bekommen.
Die "Bild"-Zeitung berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, der einjährige Junge sei tot gefunden worden. Zu diesen Angaben wollte sich ein Sprecher des Auswärtigen Amts nicht äußern. Der Bruder der noch vermissten Mutter der drei Kinder sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", der Junge sei wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Über das Schicksal der Eltern wüssten die Angehörigen bislang nichts. Sie seien am Montagnachmittag über die neuen Entwicklungen informiert worden.
Armee findet Kinder in einem Bergdorf
Die fünfköpfige Familie aus Sachsen war im vergangenen Juni in der bergigen Grenzregion Saada im Norden des Jemen entführt worden. Aus jemenitischen Stammeskreisen hieß es, saudische Truppen hätten die beiden Mädchen bei Angriffen auf mehrere Dörfer auf jemenitischer Seite der Grenze entdeckt. Sie seien dann in Abstimmung mit den jemenitischen Sicherheitskräften befreit worden, sagte ein Sprecher des saudischen Innenministeriums dem Fernsehsender Al-Arabija.
Die Gruppe von Entführten, zu der die deutsche Familie gehörte, umfasste ursprünglich neun Ausländer. Drei von ihnen - darunter zwei Deutsche - wurden kurz nach ihrer Verschleppung tot aufgefunden. Zu der Entführung bekannte sich keine Gruppe öffentlich. Rebellen, die in der Region gegen die jemenitische Regierung kämpfen, bestreiten eine Beteiligung. Im Januar hatte die Bundesregierung aber erklärt, mit den Aufständischen über die Freilassung der Geiseln zu verhandeln. Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" hatte berichtet, die Kidnapper forderten ein Lösegeld von zwei Millionen Dollar sowie Straffreiheit.
Wiederholte Entführungen
Im Jemen sind in den vergangenen Jahren wiederholt Ausländer entführt worden. Hinter den Taten standen meist Stämme, die der schwachen Zentralregierung des verarmten Landes Zugeständnisse abpressen wollten und die Geiseln nach einiger Zeit körperlich unversehrt freiließen. Ums Leben kamen 1998 vier westliche Touristen beim Versuch der Armee, ihre 16-köpfige Gruppe aus der Gewalt von Islamisten zu befreien. Im Jahr 2000 wurde ein norwegischer Diplomat bei einem Schusswechsel getötet.
Die Instabilität im Jemen machten sich zuletzt islamistische Extremisten zunutze, die von dort aus Anschläge im ölreichen Saudi-Arabien verübten. International geriet das Land in die Schlagzeilen, nachdem sich der örtliche Al-Kaida-Zweig zu einem versuchten Anschlag auf ein US-Flugzeug im Dezember bekannte.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP