Politik

"Erschreckender Mangel an Mitgefühl" Zypern sperrt Flüchtlinge weg

Ein Mann aus dem Libanon in einem Schiff im Hafen von Larnaka. Seit Jahren dient Zypern Menschen aus den Krisengebieten des Nahen Osten als erster Anlaufpunkt auf ihrer Flucht.

Ein Mann aus dem Libanon in einem Schiff im Hafen von Larnaka. Seit Jahren dient Zypern Menschen aus den Krisengebieten des Nahen Osten als erster Anlaufpunkt auf ihrer Flucht.

(Foto: REUTERS)

Zypern ist für viele Flüchtlinge aus Syrien die erste Station nach Westen. Allerdings auch die vorerst letzte. Laut Amnesty International sperrt die Regierung des Inselstaates sie monatelang in Gefängnisse und trennt sogar Kleinkinder von ihren Müttern.

Amnesty International hat den Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen in Zypern kritisiert. Diese würden unter gefängnisähnlichen Bedingungen für lange Zeit festgehalten, während sie auf ihre Abschiebung warten, bemängelte die Menschenrechtsorganisation in einem Bericht. Dabei würden zudem mitunter Kleinkinder von ihren Müttern getrennt und einem Pflegedienst übergeben. So soll in einem Fall ein 19 Monate altes Kind seiner Mutter abgenommen worden sein, obwohl diese es noch stillte.

Amnesty International stellte fest, dass Zypern die EU-Gesetzeslage missbrauche, indem es eine automatische Sicherheitsverwahrung auch in solchen Fällen zur Anwendung kommen lasse, in denen zuvor keine ausführliche Prüfung stattgefunden habe. Eine Unterbringung im Gefängnis sei dabei ausdrücklich nur die letzte Option, scheint sich jedoch auf der Mittelmeerinsel zur Standardpraxis zu entwickeln. Dadurch verletze Zypern international geltendes Recht. In mindestens einem Fall soll eine Person 22 Monate lang unrechtmäßig festgehalten worden sein, obwohl die maximal zulässige Dauer unter EU-Recht 18 Monate beträgt.

"Nur dem Namen nach kein Gefängnis"

Das EU-Mitglied lege damit einen "erschreckenden Mangel an Mitgefühl und eine vollständige Missachtung seiner internationalen Verpflichtungen" an den Tag, erklärte der Amnesty-Experte Sherif Elsayed-Ali. Es sei "beschämend", dass innerhalb der EU Menschen, die nichts verbrochen hätten, unter derart harten Bedingungen festgehalten würden. In der Regel würden sich acht Menschen eine Zelle von 18 Quadratmetern teilen, die zum größten Teil mit Stockbetten vollgestellt ist.

Das größte Aufnahmezentrum für Einwanderer, Menoyia, sei "nur dem Namen nach kein Gefängnis", kritisierte Amnesty. Die Insassen lebten hinter einem doppelten Metallzaun unter beengten Verhältnissen und dürften täglich nur zweieinhalb Stunden an die frische Luft. Seit der letzten Kontrolle Amnesty Internationals im Jahr 2011 sei die einzig feststellbare Verbesserung gewesen, dass die Flüchtlinge zumindest nicht mehr im zentralen Gefängnis der Hauptstadt Nikosia untergebracht würden.

In Zypern befinden sich derzeit etliche Menschen, die vor dem Bürgerkrieg aus dem nahen Syrien geflohen sind. Unverständlich sei, dass diese Flüchtlinge festgehalten würden, obwohl es Zyperns offizielle Politik sei, dass niemand nach Syrien zurückgeschickt werde. "Wir können nur davon ausgehen, dass es als Signal an andere Syrer dienen soll, dass sie in Zypern nicht willkommen sind", so Sherif.

Quelle: ntv.de, bwe/AFP

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