Erster Prozess seiner Art Deutscher IS-Kämpfer steht vor Gericht
15.09.2014, 18:03 Uhr
In Syrien hat Kreshnik B. für den Gotteststaat gekämpft, jetzt steht der vor einem weltlichen Gericht: In Frankfurt am Main beginnt der erste Prozess in Deutschland gegen einen ehemaligen Kämpfer des Islamischen Staates (IS).
Er hat im Staub gebetet, hat auf die schwarze Flagge des IS seinen Treueid geleistet. Er hat Wache gestanden, verwundete Kämpfer versorgt. Und er hat selbst zur Waffe gegriffen, gekämpft, für seine Vision eines unter Allah vereinigten Kalifats. Nun steht Kreshnik B., gerade einmal 20 Jahre alt, vor Gericht, denn was für ihn eine heilige Aufgabe war, ist in Deutschland die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Und darauf stehen mehrere Jahre Freiheitsstrafe.

Ihm drohen bis zu zehn Jahre: Der ehemalige IS-Kämpfer Kreshnik B. berät sich am ersten Prozesstag mit seinem Anwalt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Schätzungen zufolge sind inzwischen über 400 Menschen aus Deutschland in die Kampfgebiete im Nahen Osten gereist, um sich dem IS anzuschließen. Etwa 100 sind zurückgekehrt, 25 von ihnen haben Kampferfahrung gesammelt. Gegen 140 laufen nach einem Bericht des Spiegel Ermittlungen. Als erster von ihnen steht jetzt Kreshnik B. in Frankfurt am Main vor Gericht.
Justizminister Heiko Maas kündigte gegenüber der Leipziger Volkszeitung an, willigen IS-Aussteigern, auf dem "Weg zurück in die Realität" helfen zu wollen. Wer aber mit der Absicht, hier weiter im Dienste des Islamismus aktiv zu sein, zurückkehre, der werde "die volle Härte des Strafrechts spüren". Auf welcher Seite Kreshnik B. steht, ist noch unnklar.
Seine Eltern stammen aus dem Kosovo, sind gemäßigte Muslime. Kreshnik B. ist in Bad Homburg geboren, hat in Frankfurt gelebt. Dort soll er beim jüdischen Verein TuS Makkabi Fußball gespielt haben, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Seit 2011 verkehrte er jedoch zunehmend in fundamentalistischen Kreisen, trat aus seinem Sportverein aus und radikalisierte sich in einer islamistischen Moscheengemeinde. Im Juli 2013, mit gerade 19 Jahren, reiste er zusammen mit Gleichgesinnten in die Türkei, dann mit dem Bus über die Grenze nach Syrien.
"Jung, dumm und naiv"
Dort soll er sich dem IS in seinem Kampf gegen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad angeschlossen haben. Er wurde auf den islamistischen Terror eingeschworen und zum Kämpfer ausgebildet. Ein halbes Jahr lang lebte und arbeitete Kreshnik B. mit den Gotteskriegern. Hauptsächlich war er für Wach- und Sanitätsdienste eingeteilt, aber ihm wird auch vorgeworfen, mehrmals aktiv gekämpft zu haben. Das soll er selbst in Gesprächen seiner Familie erzählt haben, so sein Anwalt Mutlu Günal. Der Verteidiger schloss allerdings nicht aus, das es sich um "reine Prahlerei" gehandelt hat. Die Familie sei von Anfang an gegen die radikalen Ansichten gewesen, ein Verwandter Kreshnik B. bei einem Telefonat "jung, dumm und naiv" genannt haben.
Im Dezember kam er schließlich aus bislang ungeklärten Gründen zurück und wurde bereits am Frankfurter Flughafen festgenommen. Seither sitzt er in Untersuchungshaft. Die Bundesstaatsanwaltschaft beschreibt Kreshnik B. als "getragen von einer radikal-religiösen Einstellung".
Richter stellt Milde in Aussicht
Vor Gericht steht er nun wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat im Ausland. Hinweise, er habe auch in Deutschland für den IS aktiv sein wollen, gebe es nicht, so die Staatsanwaltschaft. Trotzdem drohen ihm bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. Der Richter kündigte jedoch an, im Falle einer Kooperation "Milde walten zu lassen". Das Urteil ist vermutlich erst im November zu erwarten.
Quelle: ntv.de