Politik

Nur einer darf die Spähliste sehen Opposition will klagen

Die Bundesregierung verweigert den Mitgliedern des NSA-Untersuchungsauschusses Einblick in die Selektorenliste.

Die Bundesregierung verweigert den Mitgliedern des NSA-Untersuchungsauschusses Einblick in die Selektorenliste.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wen und was hatte die NSA auf ihrer Spionageliste? Die Bundesregierung will nun, dass ein Sonderbeauftragter Einblick erhält. Dem Untersuchungsausschuss soll dies aber verwehrt bleiben. Die Opposition ist empört.

Die Opposition will nicht hinnehmen, dass nur ein Sonderbeauftragter die Selektorenliste des US-Geheimdienstes für den Bundesnachrichtendienst (BND) einsehen darf. Das hatte die Bundesregierung dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Parlaments vorgeschlagen, wie der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg sagte. Grüne und Linke kündigten umgehend eine Verfassungsklage an.

Besonderen Anstoß nimmt die Opposition an dem Anspruch der Regierung, die Vertrauensperson selbst einzusetzen. Der Ausschuss solle allerdings einen Personalvorschlag machen können, sagte CDU-Politiker Sensburg. Auch den genauen Ermittlungsauftrag sollen die Parlamentarier formulieren, nicht die Regierung selbst.

Opposition ist empört

Die Oppositionsvertreter im Untersuchungsausschuss reagierten empört. "Die Bundesregierung will sich selbst aufklären", sagte die Linken-Abgeordnete Martina Renner. Sie sprach von einer Aushöhlung der parlamentarischen Rechte des Untersuchungsausschusses.

Auch die Grünen lehnten den Vorschlag rundweg ab. "Die Vertrauensperson ist ein Misstrauensantrag, eine Aufkündigung des Vertrauens der Bundesregierung an das Parlament", sagte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz. Grüne und Linke wollen nun gemeinsam vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe erreichen, dass der Ausschuss doch noch selbst Einblick in die streng geheimen Unterlagen nehmen kann.

Signal an die USA

Die Bundesregierung begründete ihre Weigerung nach Sensburgs Worten damit, dass "in absehbarer Zeit" nicht mit einer Zustimmung der USA zur Weitergabe der streng geheimen Selektorenliste an den Ausschuss zu rechnen sei.

Eine entsprechende schriftliche Stellungnahme habe die Regierung nun dem Ausschuss zugeleitet. Da das Schreiben als geheim eingestuft sei, dürften Details nicht öffentlich genannt werden. Die förmliche Ernennung eines Ermittlers durch das Bundeskanzleramt könnte den USA signalisieren, dass das streng geheime Dokument im Bereich der Regierung bleibt und nicht an das Parlament geht.

Vertrauensperson wird ernannt

Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD stimmten dem Vorschlag aus dem Kanzleramt zu. Der SPD-Abgeordnete Christian Flisek stellte noch für diese Woche die Benennung einer Vertrauensperson in Aussicht. Er forderte die Opposition auf, "sich bei allen Bedenken dennoch konstruktiv bei der Benennung der Person und der Bestimmung des Auftrags zu beteiligen".

Auch die CDU-Abgeordnete Nina Warken wies die Vorwürfe der Opposition zurück: Sie  sehe die parlamentarischen Rechte nicht beschnitten, sagte sie.

"Eine Vertrauensperson ist rechtlich nicht vorgesehen", kritisierte der Grünen-Abgeordnete von Notz. Gemeinsam wollen Grüne und Linke zudem erreichen, dass der schriftliche Vorschlag des Kanzleramts an den Ausschuss nicht mehr als geheim eingestuft wird: Er müsse der Öffentlichkeit vorgelegt werden.

Die Selektorenliste liegt derzeit noch unter Verschluss im Kanzleramt. Darauf stehen Ziele, die der BND im Auftrag des US-Diensts NSA ausspähte. Die Liste ist für den Untersuchungsausschuss des Bundestags zur NSA-Spähaffäre von Interesse, weil vermutet wird, dass die NSA den BND möglicherweise absprachewidrig zur Ausspähung europäischer Behörden und Unternehmen einspannte.

Schindler für bessere BND-Kontrolle

Inzwischen hat sich BND-Präsident Gerhard Schindler für eine strengere rechtliche Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes ausgesprochen. Der BND sei kontrollierbar, "wenn man bestimmte Änderungen vornimmt", sagte er im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Es brauche zusätzliche juristische und technische Kontrollen an entscheidenden Stellen.

Schindler betonte erneut, dass der BND ernsthafte Verhandlungen mit dem US-Geheimdienst NSA über ein Abkommen zum Ausschluss der gegenseitigen Spionage geführt habe. Ein solches No-Spy-Abkommen war geplatzt, obwohl es von der Bundesregierung immer wieder öffentlich in Aussicht gestellt wurde.

Quelle: ntv.de, hul/AFP/dpa

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