Pence gegen Kaine Trump kann kurz durchatmen
04.10.2016, 12:07 Uhr
Licht am Ende des Tunnels? Trump hat eine bescheidene Woche hinter sich - was er sich selbst zu verdanken hat.
(Foto: REUTERS)
Heute Abend treten der Republikaner Pence und der Demokrat Kaine, die Vize-Kandidaten im US-Wahlkampf, zum TV-Duell an. Trumps Woche war so schlecht, dass allein das eine gute Nachricht für ihn ist.
Die erste und einzige Vizepräsidentschaftsdebatte im amerikanischen Wahlkampf kann für Donald Trump und sein Wahlkampfteam nicht schnell genug kommen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat hat eine Woche zum Vergessen hinter sich.
Nachdem sich Trump in der ersten Fernsehdebatte seiner Konkurrentin Hillary Clinton geschlagen geben musste, so zumindest die einhellige Meinung seriöser Umfragen, folgte ein Fauxpas auf den anderen. Nur wenige Stunden nach der Debatte, in welcher er sagte, dass es "schlau" sei, keine Steuern zu zahlen, ließ Trump sich in der Fox-News-Sendung "Fox & Friends" interviewen. Dort, wie so häufig per Telefon zugeschaltet, wiederholte er seine Aussagen über die frühere Miss-Universe-Gewinnerin Alicia Machado.
Die Venezuelanerin, die seit Mai die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, war von Trump als "Miss Piggy" und "Miss Haushälterin" bezeichnet worden, nachdem sie seinen Aussagen zufolge nach dem Gewinn ihrer Krone mit Gewichtsproblemen zu kämpfen hatte. "Sie war die Schlimmste, die wir jemals hatten", so Trump in der Sendung. "Sie war die Gewinnerin, und nun ja, sie hat dann gewaltig zugenommen, und das war ein echtes Problem."
Trump macht Vorteile selbst zunichte
Mit derartigen Entgleisungen dürfte sich Trump, der bei weiblichen Wählern ohnehin schon einen schweren Stand hat, keine neuen Freunde gemacht haben. Nach einer aktuellen Umfrage von Fox News konnte Clinton ihre Führung bei Frauen von 15 auf 20 Punkte ausbauen.

Tim Kaine, Senator aus Virginia, wäre nach einem Wahlsieg von Hillary Clinton Vizepräsident.
(Foto: AP)
Weiter ging es am Samstag, als Trump sich auf einer Wahlkampfveranstaltung über Clintons Gesundheitszustand lustig machte. Auf der Bühne imitierte er Clintons Beinahe-Zusammenbruch während der Gedenkzeremonie zu den Anschlägen vom 11. September 2001. "Sie soll gegen alle diese Dinge kämpfen, und dann schafft sie es nicht einmal, die 15 Fuß bis zu ihrem Auto zu laufen", sagte Trump. Clintons Erschöpfung während der Veranstaltung in New York war im Nachhinein mit einer Lungenentzündung erklärt worden. Die Geheimniskrämerei um ihre Krankheit schadete Clinton im Wahlkampf. Doch solche Vorteile macht Trump sich immer wieder selbst kaputt. Die Konkurrentin nachzuäffen, kommt bei unentschlossenen Wählern nicht gut an.
Trotzdem gibt es, wie auch die erste halbe Stunde des Fernsehduells bewiesen hat, mindestens einen Themenbereich, mit dem Trump Wähler aus allen sozialen Schichten erreicht: die Wirtschaft. Es geht dabei nicht um kleinste Nuancen, sondern darum, dass die bisherige Wirtschaftspolitik aus Washington nicht bei der Mittelschicht des Landes ankommt. Für viele Angehörige dieser Bevölkerungsschicht ist Trump der Außenseiter, der weiß, wie man ein milliardenschweres Unternehmen aufbaut.
"Ich bin der einzige, der es richten kann"
Ebenfalls am Wochenende enthüllte allerdings die "New York Times", dass Trump wohlmöglich bis zu 18 Jahre lang keine Einkommenssteuern abgeführt hat. Ein der Zeitung anonym zugespieltes Steuerdokument zeigt, dass er im Jahr 1995 einen Verlust von 916 Millionen Dollar geltend machte. Die Höhe der Summer half ihm, auf legalem Weg für bis zu 18 Jahre von steuerlichen Forderungen befreit zu sein.
Trump reagierte auf den Artikel per Twitter. "Ich kenne unsere komplizierten Steuergesetze besser als irgendjemand anderes, der jemals für das Präsidentenamt kandidiert hat, und ich bin der einzige, der es richten kann", schrieb er gewohnt unbescheiden.
Am Montag gab es dann die nächste Hiobsbotschaft für den 70-Jährigen. Seine gemeinnützige Stiftung, die "Donald J. Trump Foundation", wurde vom Generalstaatsanwalt des Staates New York dazu aufgefordert, umgehend sämtliche Aktivitäten einzustellen und keine Spenden mehr anzunehmen. Grund für den Beschluss ist ein Gesetz, nach dem gemeinnützige Organisationen, die in New York zu Spenden aufrufen, sich bei der zuständigen Behörde registrieren lassen müssen. Dies habe die Trump Foundation jedoch nicht getan. Die Stiftung hat nun 15 Tage, um die Formulare nachzureichen.
Selbstporträt für 10.000 Dollar
Die Trump Foundation ist zuletzt heftig unter Beschuss geraten. Die "Washington Post" hatte berichtet, dass Trump Gelder der Organisation für private und geschäftliche Zwecke benutzt hat. Unter anderem soll er mit Hilfe seiner Stiftung Klagen gegen sich abgewimmelt und für 10.000 Dollar ein Selbstporträt in Auftrag gegeben haben.
Nach all diesen negativen Schlagzeilen kommt die Vizekandidatendebatte für Trump und seine Verbündeten gerade rechtzeitig. Der Gouverneur von Indiana, Mike Pence, hat bis jetzt eine der wohl undankbarsten Positionen mit Bravour gemeistert. Pence, Trumps Vizepräsidentschaftskandidat, muss jedes Mal, wenn der Milliardär einen unüberlegten oder beleidigenden Kommentar abgibt, den Blitzableiter spielen und ihn verteidigen. Pences politische Erfahrung und ruhiges Temperament kommen ihm dabei zunutze. Zudem erreicht er durch seine christlich-konservative Art einen Teil der Partei, der für Trump nur schwer zu mobilisieren ist. "Ich bin ein Christ, ein Konservativer und ein Republikaner, in der Reihenfolge", so Pence über sich selbst.
Sollte Pence seinen demokratischen Mitbewerber, Senator Tim Kaine, an diesem Dienstagabend besiegen, dann könnte das für Ruhe im Trump Lager sorgen. Allerdings nicht für lange: Schon für den kommenden Sonntag ist das zweite der insgesamt drei TV-Duelle von Clinton und Trump angesetzt. Sollte Trump auch dann wieder vor allem damit auffallen, dass er Clinton permanent unterbricht und ihre Nadelstiche mit kaum verhohlener Wut beantwortet, dann wird auch Pence das nicht ausgleichen können.
Quelle: ntv.de