Zum ersten Mal seit 16 Jahren Angola wählt neues Parlament
04.09.2008, 10:38 UhrEs ist ein historischer Urnengang: Zum ersten Mal seit Ende des jahrzehntelangen Bürgerkriegs wählt Angola ein neues Parlament. An die letzte Wahl vor 16 Jahren haben die Bürger des südwestafrikanischen Landes keine gute Erinnerung. Denn 1992 fachte die Abstimmung den seit Mitte der 70er Jahre andauernden Krieg nur weiter an. Erst 2002 schlossen die Volksbewegung für die Befreiung Angolas (MPLA) von Präsident Jos Eduardo dos Santos und die verfeindete Nationale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas (UNITA) eine Waffenruhe. Die einstige marxistisch-leninistische MPLA, die sich heute als sozialdemokratisch bezeichnet, gilt als Favoritin für die Wahl. Die Opposition klagt über Einschüchterungsversuche.
Für den Urnengang haben sich acht Millionen Angolaner registrieren lassen. Zur Wahl stehen 13 Bündnisse und Parteien, die in das neu gewählte Parlament einziehen wollen. Im Vorfeld versuchten MPLA und UNITA Befürchtungen zu zerstreuen, es könnte ähnlich wie nach der letzten Parlamentswahl 1992 gewalttätige Auseinandersetzungen geben. Dennoch berichtete die Opposition von Einschüchterungsversuchen und Drohungen. Vier Anhänger oppositioneller Gruppen seien im Vorfeld der Wahl getötet worden, hieß es. Vorwürfe der UNITA, sie habe Gelder aus der Staatskasse für den Wahlkampf veruntreut, wies die regierende MPLA scharf zurück.
Wachsende Wirtschaft, arme Bevölkerung
Die MPLA ist seit 33 Jahren in Angola an der Macht - und will es auch bleiben. Während die UNITA mit 70 Sitzen derzeit die stärkste Oppositionspartei ist, stellt die Partei von Präsident Dos Santos 129 der insgesamt 220 Abgeordneten. Für die MPLA ist der Urnengang 5. September ein wichtiger Stimmungstest für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr, bei der Dos Santos nach eigenem Bekunden nicht mehr antreten will. Experten zufolge könnte sich der 66-Jährige, den manche den "Macchiavelli Afrikas" nennen, sich aber noch einmal überreden lassen. Der Präsident steht seit 1979 an der Spitze des öl- und diamantenreichen Landes.
Dos Santos hat sich um Angola durchaus verdient gemacht: Nachdem er das Land in den 90er Jahren für den Kapitalismus öffnete, ging es wirtschaftlich steil bergauf. Für 2008 sagte die Weltbank ein Wachstum von mehr als 20 Prozent voraus. Seit April ist Angola das Ölförderland Nummer eins in Afrika. Die Bevölkerung bekommt von dem Reichtum des Landes jedoch kaum etwas zu spüren. Zwei Drittel der Angolaner leben von weniger als zwei Dollar pro Tag. Mehr als jeder Dritte ist ohne Arbeit.
Quelle: ntv.de, Fran Blandy, AFP