Dossier

"Ein hartes Stück Arbeit" Brüderle gibt Schwarz-Gelb Zeit

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle spricht sich für eine konzertierte Aktion der führenden Wirtschaftsmächte aus, um die Finanzmärkte zu regulieren. Damit sollen, so der Minister bei seinem Antrittsbesuch in den USA gegenüber n-tv.de, „unsinnige Wettbewerbssituationen zwischen den Finanzplätzen“ vermieden werden. Den eher holprigen Start und die angespannte Stimmung innerhalb der Berliner Koalitionsregierung nimmt er, wie er sagt, gelassen. Hier laufe ein „Gewöhnungsprozess“, so Brüderle, man habe ja schließlich zwölf Jahre lang nicht mehr zusammen regiert.

Die Amerikaner wollen genau wie wir, die gemeinsame Lösung: Rainer Brüderle

Die Amerikaner wollen genau wie wir, die gemeinsame Lösung: Rainer Brüderle

n-tv.de: Herr Minister, zu ihren Hauptthemen Ihres Antrittsbesuchs hier in Washington zählt die Regulierung der Finanzmärkte. Können Sie mit den Amerikanern auf eine Linie kommen? Und vor allem: Wie stellen Sie sicher, dass wir am Ende nicht einen weltweiten Unterbietungswettbewerb erleben?  

Rainer Brüderle: Das ist genau ist der zentrale Punkt. Und da bin ich doch sehr beruhigt, dass die amerikanische Regierung genauso denkt wie wir. Herr Geithner, der Finanzminister, und Larry Summers, der Chefberater des Präsidenten, haben versichert, dass sie im Rahmen der G20 eine Regelung finden wollen. Damit kommt es nicht zu unsinnigen Wettbewerbssituationen zwischen Finanzplätzen in New York, London und Kontinentaleuropa. Und genau das ist auch unsere Politik: Man braucht einen internationalen Rahmen fuer die Regulierung der Finanzmärkte. Isolierte Lösungen werden nichts bringen, weil es dabei sofort zu Verlagerung von Finanzressourcen und Kapitalströmen kommt. Und eins nehm ich mit: dass die Amerikaner, genau wie wir, die gemeinsame Lösung wollen. Das ist gut.

Wird sich denn Ihrer Ansicht nach jeder Markt daran halten, auch etwa die in Asien? Wie wollen Sie das erreichen?

Rainer Brüderle im Gespräch mit n-tv-Korrespondent Christian Wilp in Washington.

Rainer Brüderle im Gespräch mit n-tv-Korrespondent Christian Wilp in Washington.

Die großen Märkte sind unverändert in Amerika, London und Kontinentaleuropa. Asien kommt stärker mit hinein. Aber sie wollen ja auch erfolgreich sein. Es ist zentral, dass Amerikaner und Europäer am selben Strang in eine Richtung ziehen. Dass wir schon Fakten setzen, auch für den Rest der Akteure. Insofern bin ich entspannter und beruhigter als vorher. Es tut gut zu sehen, dass man hier ähnlich denkt wie wir.

US-Praesident Barack Obama hat zuletzt eher populistische Töne angeschlagen. Was halten Sie denn von seinem Plan, Grossbanken notfalls zu zerschlagen?

Es hat sich in den Gesprächen herausgestellt, dass die Strategie eine andere ist. Man will dort, wo eine hohe Ballung von hohen Risiken besteht, die Banken ein Stück davon freisetzen. Damit sie ihr Kreditgeschäft stärker auf mittelständische Strukturen aktivieren können. Das machen wir ja ähnlich bei uns. Bei der Diskussion um die "Bad Banks" steckt eine vergleichbare Denke dahinter. Von Zerschlagung war gar keine Rede. Und wie so oft sind die Schlagzeilen etwas drastischer als die Realität. Deswegen war es mir wichtig, sehr schnell innerhalb der ersten hundert Tage hier zu sein und authentisch von den Hauptakteuren, vom Chefberater des Präsidenten und vom Finanzminister zu hören, was wirklich vorgesehen ist. Und da bin ich sehr entspannt. Die denken genauso wie wir. Ich finde es doch sehr schön, dass man eine Grundeinstellung hat, die identisch ist mit der deutschen. Und das stimmt mich optimistisch, dass wir etwas Vernünftiges schaffen.

Die US-Regierung kontrolliert de facto General Motors und damit auch die europäische Konzerntochter Opel. Trotzdem sagen die Amerikaner, sie lassen das Management in Europa alleine entscheiden. Nehmen Sie der US-Regierung ab, dass sie so wenig Einfluss auf General Motors' Management nimmt?

Das glaube ich schon. Und das ist eine richtige Haltung. Die haben wir ja auch. Wir meinen ebenfalls, die Probleme müssen General Motors und Opel letztlich alleine stemmen. Sie müssen ihre Aufgabe erfüllen. Sie müssen wissen, wo ihr Marktsegment liegt. Wie die Strategien in die Zukunft aussehen werden. Und auch hier haben wir praktisch eine identische Einstellung mit der US-Regierung. Sie sagen: das ist Aufgabe des Unternehmens. Das sag ich auch. Die Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt. General Motors hat die Verantwortung für seine Tochter, für Opel. Und die sollen sie wahrnehmen; möglichst erfolgreich, damit möglichst viele Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Thema Innenpolitik: Die Zeugnisse nach 100 Tagen Schwarz-Gelb fallen alles andere als positiv aus. Auch Sie, Herr Minister, kommen in den Umfragen nicht besonders gut weg.

Ich sehe das ganz gelassen. Man macht ja keine Arbeit, um nach zwei Monaten gute Umfrageergebnisse zu haben. Man macht die Arbeit, um gute Ergebnisse für das Land zu erreichen. Dass wir Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen können. Dass wir Deutschland modernisierien, dass wir mehr Wachstum haben. Das sind die Erfolgskriterien. Und da muss man auch ein Stückchen Kraft haben, dass die Abrechnung in vier Jahren bei der nächsten Bundestagswahl kommt und nicht täglich bei irgendwelchen wie auch immer zustande gekommenen Umfragen. Nein, die Politik muss von der Sache richtig sein und nicht nach der aktuellen Stimmung dieser oder jener Umfrage.

Aber auch innerhalb der Koalitionsregierung ist die Stimmung mies. Es scheint fast so, als ob sie gar keine Opposition mehr bräuchten.

Naja, das ist ein Gewöhnungsprozess. Wir haben fast zwölf Jahre nicht mehr zusammen regiert. Und die Erwartungen sind ja unerschütterlich gewesen. Die FDP hat mit 15 Prozent ein klares Votum hinter sich. Die Regierung hat eine breite Mehrheit. Und ich hab gar keinen Zweifel, dass die Sofortmaßnahmen, die eingeleitet worden sind, auch richtig sind. Wir werden ein hartes Stück Arbeit bei der Konsolidierung des Haushalts zu leisten haben. Und ich freue mich sehr, dass ich mit dem für mich sehr wichtigen Kollegen Schäuble ein großes Einvernehmen in den Grundprinzipien habe. Der Finanzminister und ich werden ganz eng zusammen arbeiten. Wirtschaft und Finanzen, das hat auch die Vergangenheit gezeigt, sind Schlüsselpositionen, um erfolgreich zu regieren. Wir sind beide fest entschlossen unsere Arbeit anständig zu machen.

Mit dem Wirtschaftsminister sprach n-tv-Korrespondent Christian Wilp in Washington

Quelle: ntv.de

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