Dossier

40 Jahre Atomwaffensperrvertrag Das Wettrüsten nimmt kein Ende

In James Bond-Filmen drohen die Bösewichte gerne mit Atombomben. Egal, ob machthungrige Diktatoren, Terroristen, Drogendealer oder die Mafia - sie alle planen den Massenvernichtungsschlag. Dass Nuklearwaffen in Wirklichkeit nicht so weit verbreitet sind, verdankt die Welt auch dem Atomwaffensperrvertrag. Am kommenden Dienstag (1. Juli) wird das Abkommen 40 Jahre alt. Höchste Zeit für eine Überarbeitung, meinen Experten. Denn während es die Verbreitung von Atomwaffen eindämmte, war es bei der Abrüstung weniger erfolgreich.

Nach dem am 1. Juli 1968 vereinbarten Vertrag dürfen nur die fünf offiziellen Atommächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China nukleare Waffen besitzen. Gleichzeitig verpflichtet er sie, ihre Arsenale unter internationaler Aufsicht abzurüsten und die Technologie nicht an andere Länder weiterzugeben. Staaten ohne Atomwaffen dürfen gar nicht erst welche entwickeln oder herstellen.

Pakistan, Indien und Israel verweigern Unterschrift

Der Atomwaffensperrvertrag, auch Nichtverbreitungsvertrag genannt, trat 1970 offiziell in Kraft. Nach Angaben der Vereinten Nationen unterzeichneten ihn bisher 191 Staaten, die BRD sowie die damalige DDR schlossen sich 1969 der Vereiunbarung an. Nordkorea trat 2003 wieder aus. Auch der Iran droht im Streit um sein Atomprogramm immer wieder damit, die Vereinbarung zu verlassen. Pakistan, Indien und Israel verweigern bis heute ihre Unterschrift. Es gilt als sicher, dass Israel Nuklearwaffen besitzt. Der Staat will dies aber weder offiziell bestätigten noch dementieren.

Die Zahl der Atommächte ist also trotz des Vertrags weiter gestiegen. Doch ohne ihn wären es wahrscheinlich mehr geworden, meint der Rüstungsexperte des Hamburger Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Götz Neuneck. Auch Argentinien, Brasilien, Südafrika, Ägypten, Libyen und der Irak werkelten zeitweise an atomaren Sprengkörpern, gaben ihre Pläne aber wieder auf.

"Das Wettrüsten der Atommächte hat der Vertrag allerdings nicht gebremst", kritisiert Neuneck. Obwohl der Kalte Krieg lange vorbei sei, mache keiner der Atomstaaten Anstalten seine Arsenale zu reduzieren. Im Gegenteil: Sie entwickeln sogar neue Waffentypen und Trägerraketen. Der offizielle Fünfer-Club sowie Pakistan, Indien und Israel besitzen dem Jahresbericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI zufolge zurzeit 10.200 gefechtsbereite Sprengköpfe. Der weltweite Vorrat von hoch angereichertem Uran betrug im vergangenen Jahr 1370 Tonnen.

Gefährlicher Nuklear-Terrorismus

Dass davon etwas in die falschen Hände - zum Beispiel in die von Terroristen - gelangt, ist Neunecks Ansicht nach schwer zu verhindern. "Es kommt immer wieder zu Fällen, wo waffenfähiges Material abgezweigt wird und auf dem Schwarzmarkt landet", warnt der Wissenschaftler. Nuklear-Terrorismus sei daher eine ernste Gefahr. "Man braucht nur wenige Gramm von hochangereichertem Uran um eine Bombe zu bauen und man muss dafür nicht ein gut ausgebildter Physiker sein." Neuneck weiß wovon er spricht: Er ist studierter Physiker.

Erst kürzlich war bekanntgeworden, dass ein internationaler Schmugglerring Baupläne von modernen Atombomben besessen hatte, die er an "Schurkenstaaten" wie Iran oder Nordkorea verkauft haben könnte. Besorgniserregend ist auch eine Studie der amerikanischen Luftwaffe, wonach die meisten der etwa 200 bis 350 in Europa stationierten US- Atombomben nicht gut genug gegen Diebstahl gesichert sind. Szenarios wie in James Bond scheinen also nicht mehr unwahrscheinlich.

Sperrvertrag in der Vertrauenskrise

Der ehemalige Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Hans Blix, spricht deshalb von einer Vertrauenskrise des Atomwaffensperrvertrags. Im Jahresbericht des Internationalen Konversionszentrums Bonn (BICC) fordert er eine konsequente Abrüstung und ein Verbot für die Herstellung von waffenfähigem Uran und Plutonium. Außerdem müsse der Kernwaffenteststopp-Vertrag endlich ratifiziert werden. Bislang verweigern einige Staaten ihren Beitritt, darunter die USA, China, Nordkorea, Pakistan und Israel.

Eine Chance den Atomwaffensperrvertrag zu überarbeiten, sieht Neuneck in der für 2010 geplanten Revisionskonferenz. Als die Vertragsstaaten das Abkommen 1995 auf unbegrenzte Zeit verlängerten, beschlossen sie, es alle fünf Jahre zu überprüfen. Die letzte Konferenz 2005 in New York scheiterte jedoch - unter anderem, weil die USA jegliche Gespräche über Abrüstung blockierten.

Von Irena Güttel, dpa

Quelle: ntv.de

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