Dossier

Gesprächsthema Nummer eins Deutsche Geiseln sind frei

Die gute Nachricht ging wie ein Lauffeuer um: In den bayerischen Wohnorten der drei gekidnappten Bergsteiger reagierten die Menschen mit großer Erleichterung auf die Freilassung. Im niederbayerischen Abensberg, der Heimat des Reiseleiters der Bergsteigergruppe, hörten die ersten Bürger am Sonntag im Radio und Fernsehen vom glücklichen Ausgang der Entführung. Andere erfuhren die gute Nachricht kurz danach in der Kirche St. Barbara. "Der Pfarrer hat bei der Andacht gesagt, dass sie frei sind", berichtete eine Frau nach dem Kirchgang. "Vielleicht haben unsere Gebete doch was genutzt."

In der historischen Abensberger Altstadt war die Freilassung von Helmut H. danach das Gesprächsthema Nummer eins. Tausende waren bei strahlendem Sonnenschein zu einer Oldtimer-Rallye in den malerischen Ort gekommen. Aber in den Straßencafs und Restaurants wurde weniger über alte Autos geredet, die Gedanken der Menschen waren bei Helmut H. und seiner Familie. "Es wird von den Bürgern mehr als positiv aufgenommen, alle sind froh", sagte Bürgermeister Uwe Brandl (CSU).

Entführungsopfer dorfbekannt

Die Familie von Helmut H. wurde nach der Freilassung von der Polizei abgeschirmt. Weder Frau Ingrid noch Sohn Klaus, der selbst an der Reise in die Türkei teilgenommen hatte und vor einer Woche zurückgekehrt war, gaben Interviews. Nur die Schwester Elfriede H. äußerte sich in einer ersten Stellungnahme erleichtert: "Es heißt, sie sind in Sicherheit." Danach riegelten Zivilbeamte das Einfamilienhaus ab. "Die Angehörigen sind gebrieft, dass sie nichts sagen", meinte ein Polizist. Selbst Rathauschef Brandl konnte nicht mit der Ehefrau sprechen. "Die Familie ist von der Polizei abgeholt und weggebracht worden - wohin auch immer", berichtete er.

Fast zwei Wochen mussten Angehörigen und Freunde um das Leben des 65-Jährigen und der beiden anderen Geiseln bangen. Die Verschleppung traf viele in Abensberg tief. Denn der Familienvater ist seit Jahrzehnten in der niederbayerischen Kleinstadt politisch und gesellschaftlich engagiert. Früher saß er für die SPD im Stadtrat. Als Vereinsfunktionär war er maßgeblich daran beteiligt, dass der TSV Abensberg zu einem der europäischen Top-Clubs im Judo wurde. Der passionierte Bergsteiger organisierte als Vorsitzender des Kelheimer Alpenvereins zahlreiche Bergtouren. Auch die Reise zum 5165 Meter hohen Ararat arbeitete Helmut H. aus.

"Ganz große Freude"

Erleichterung auch im oberbayerischen Laufen, wo der verschleppte 33-jährige Lars Holger R. lebt: "Wir sind froh, dass die Geschichte so ausgegangen ist", sagte der Geschäftsleitende Beamte der Stadt, Manfred Niedermeier. Die Ehefrau des 33-Jährigen sei mit der neunmonatigen Tochter im Ausland bei ihren Eltern. "Wir haben es versucht, sie war nicht zu erreichen", berichtete Niedermeier.

Die Nachbarn des allein lebenden Ingenieurs Martin S. aus dem Ingolstädter Stadtteil Gerolfing waren ebenfalls hocherfreut. "Das ist aber schön", sagte Petra Mann, als sie die Botschaft von der Freilassung erfuhr. "Wir haben gestern Abend erst drüber gesprochen", sagte die Leiterin eines nahe gelegenen Altenheims.

Beim Reiseveranstalter seb-tours herrschte ebenfalls "ganz große Freude", wie Pressesprecher Franz Eder berichtete. "Offenbar gab es keine Übergabe, sondern man hat sie einfach laufen lassen." Reisen zum Ararat werde es von seb-tours in diesem Jahr nicht mehr geben, sagte Eder.

Ulf Vogler und Sabine Dobel, dpa

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen