Dossier

Publikum bewegt "Die Fälscher" auf der Berlinale

Es ist ein Film, der lange nachwirkt. Mit Stefan Ruzowitzkys Drama "Die Fälscher" hat ein bewegtes Berlinale-Publikum am Samstagabend den ersten deutschen Wettbewerbsbeitrag gefeiert. Basierend auf den Erinnerungen des heute 89-jährigen Holocaust-Überlebenden Adolf Burger erzählt das Drama von einer Fälscher-Werkstatt, die die Nazis im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin einrichteten. Gefangene des Lagers - jüdische Experten vom Währungsfachmann über Drucker bis zu einem echten Fälscher - wurden gezwungen, Falschgeld im großen Stil anzufertigen. Andernfalls drohte ihnen die Hinrichtung. Die Nazis hatten vor, mit den Pfund- und Dollar-Blüten die Weltwirtschaft zu schwächen.

Das Festivalpublikum lobte vor allem, dass der Wettbewerbsbeitrag seine tragische, fast unglaubliche Geschichte ganz ohne Pathos und übersteigerte Emotionen erzählt. "Die Fälscher" zeigt nicht nur das Grauen des Nazi-Regimes, sondern auch die verschiedenen Möglichkeiten, mit Unrecht umzugehen - vom Widerstand durch Sabotage über Schicksalsergebenheit bis Anpassung. Durch deutlich gezeichnete Charaktere verstärkt Ruzowitzky noch das Parabelhafte seiner Erzählweise.

Es gibt den von August Diehl eindringlich gespielten idealistischen Kommunisten und den von Karl Markovics sorgfältig ausbalanciert dargestellten Profifälscher, der sein Leben retten will und einen fatalen Pakt mit den Nazis eingeht. Devid Striesow verkörpert einen SS-Mann, der wohl in allen Herrschaftssystemen nur seinen eigenen Vorteil suchen würde und das beredt zu begründen weiß. Striesow gilt schon jetzt als ein Anwärter auf einen Darstellerpreis.

Der in Potsdam-Babelsberg gedrehte Film solle die Frage nach Moral und Idealen stellen, sagte der österreichische Regisseur Ruzowitzky ("Anatomie", "Die Siebtelbauern"). Er habe den Film gerade auch als Österreicher machen wollen, da es in seinem Heimatland immer noch Politiker gebe, die "eine unappetitliche, geistige Nähe zum Nationalsozialismus" haben.

Bei früheren Holocaust-Filmen sei meist die Dokumentation im Vordergrund gestanden, sagte Ruzowitzky. "Ich glaube, so eine Darstellung macht heute immer weniger Sinn. Das heutige Kinopublikum gehört einer anderen Generation an", so der Regisseur. "Deshalb muss ein solcher Film heute auch etwas Parabelhaftes haben, es muss um Themen gehen, die die Menschen in ihrer heutigen Lebenssituation interessieren. Die Häftlinge der Fälscher-Werkstatt lebten innerhalb des KZ abgetrennt von den übrigen Gefangenen sozusagen in einer 'Luxus-Baracke' und durften Ping Pong spielen, während draußen die Leute ermordet wurden", so Ruzowitzky.

"Das ist eine Situation, die wir alle kennen: Wir leben in einer luxuriösen Wohlstandsgesellschaft, und um uns herum sterben die Menschen in aller Welt an Hunger. Wir fragen uns, ob wir unseren Wohlstand unter solchen Umständen genießen dürfen oder nicht pausenlos an alles Leid der Welt denken müssen."

Im wirklichen Leben erzählt Burger auch in Schulen von seinem Schicksal. "Ich habe bislang zu über 80.000 Schülern gesprochen", sagte er. "Ich erzähle den Jugendlichen, wie die Juden vergast wurden, und sage ihnen, dass sie keine Schuldgefühle haben dürfen. Aber ich sage ihnen auch, wenn sie zu den Neonazis gehen, dann werden sie früher und später zu Mördern", so Burger. "So lange ich lebe, werde ich mit diesen Vorträgen nicht aufhören. Das ist das einzige, was ich machen kann."

"Die Fälscher" konkurriert mit insgesamt 21 Filmen aus aller Welt um den Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele. Am 15. März kommt das Drama in die Kinos. Deutschland ist außerdem mit Christian Petzolds Drama "Yella" mit Nina Hoss und Devid Striesow in den Hauptrollen im Berlinale-Rennen.

(Elke Vogel, dpa)

Quelle: ntv.de

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