Dossier

"Engstirnige Interessen" Die Klimabeschlüsse der EU

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich auf das EU-Klimapaket verständigt. Es sieht die Lastenverteilung bei der Umsetzung eines Teils der Klimaziele nach dem Auslaufen des Kyoto-Vertrags 2012 vor.

Unter deutscher Präsidentschaft hatte sich die EU im März 2007 verständigt, den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) gegenüber 1990 um mindestens 20 Prozent gekürzt werden. Sollte 2009 in Kopenhagen ein neues Weltklimaabkommen geschlossen werden und sich die internationale Gemeinschaft darin zu "vergleichbaren" Reduktionszielen verpflichten, will die EU ihren CO2-Ausstoß um 30 Prozent reduzieren.

Dieses Fernziel stand in Brüssel nicht zur Disposition. Die EU-Staaten einigten sich in erster Linie auf Regelungen für den Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten. Die Umweltorganisation Greenpeace kritisiert, der Beschluss folge den "engstirnigen Industrieinteressen einzelner Mitgliedsstaaten".

Kraftwerke: Von 2013 an sollen die Versorger zwar grundsätzlich sämtliche Rechte zum CO2-Ausstoß ersteigern müssen. Die osteuropäischen Staaten müssen allerdings nur stufenweise versteigern: 30 Prozent im Jahr 2013 bis 100 Prozent im Jahr 2020. Frankreich, das fast vollständig auf Atomstrom setzt, trifft dies im Gegensatz zu Deutschland kaum. Kanzlerin Angela Merkel erreichte im Gegenzug, dass neue Kohlekraftwerke mit bis zu 15 Prozent der Investitionssumme gefördert werden dürfen. Dies hilft Versorgern wie RWE, Vattenfall und E.on. Ein Abwandern der Investition nach Polen oder Tschechien soll so verhindert werden.

Bislang werden nur rund 10 Prozent der Rechte verkauft, der Rest wird bis zu einer festgelegten Obergrenze vom Staat gratis zugeteilt. Wegen der Auktionierung wird mit einem Anstieg der Strompreise gerechnet. Allerdings haben die Stromerzeuger bereits Kosten für die Zertifikate an die Verbraucher weitergegeben, als sie dafür noch gar nicht zahlen mussten.

Industrie: Die Industrie sollte nach dem Willen der EU-Kommission ihre CO2-Verschmutzungsrechte ab 2013 stufenweise ersteigern. Deutschland als größter Industriestandort der EU hat dies strikt abgelehnt, weil es eine Abwanderung in Länder ohne Klimaauflagen befürchtet. Merkel erreichte eine Befreiung von 80 bis 90 Prozent der Betriebe von dieser Pflicht. Diese Rechte können weiter gratis vergeben werden. Veraltete Betriebe müssen aber fehlende Rechte über die Börse zukaufen. Dieser Schutz der Industrie war der wichtigste Punkt für Deutschland im Klimapaket.

Solidaritätsmechanismus: Osteuropa erhält ab 2013 rund 12 Prozent der gesamten zur Versteigerung stehenden Verschmutzungsrechte aus dem gesamten EU-Bestand extra zugeteilt - auf Kosten der anderen Staaten und damit vor allem Deutschlands. Vor dem Gipfel war noch von 10 Prozent die Rede. Merkel hatte dies ebenfalls strikt abgelehnt, war hier in der EU aber weitgehend isoliert.

Technologie-Förderung: Die EU will Pilotanlagen zur Abscheidung von CO2 bei der Stromproduktion in Kohlekraftwerken sowie innovative Projekte bei Öko-Energie fördern. Zur Finanzierung sollen 300 Millionen CO2-Zertifikate - im derzeitigen Wert von über sechs Milliarden Euro - eingesetzt werden. Die Rechte werden wiederum den EU-Staaten vom Gesamtbudget abgezogen.

CDM: Über den "Clean Development Mechanism" (CDM) können Konzerne in Entwicklungsländern etwa Kraftwerke modernisieren oder Umwelttechniken fördern und sich dafür Verschmutzungsrechte gutschreiben lassen. Hier verständigten sich die Länder auf eine begrenzte Anzahl von Rechten, damit der Druck zum Klimaschutz in der EU nicht nachlässt.

Quelle: ntv.de

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