Von Seoul bis Rom Die Mauer weltweit
26.06.2009, 14:19 UhrTeile der Berliner Mauer stehen überall in der Welt. Im Auftrag der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur wurden weltweit 125 Orte mit 230 Mauerteilen ausfindig gemacht und die Geschichten dazu erkundet.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und der Direktor des "Newseum", Joseph Urschel, stehen in Washington in der "Berlin Gallery".
(Foto: dpa)
Über einen zwölf Meter hohen Wachturm von der Berliner Mauer staunen Besucher in einem Museum in Washington. In der südkoreanischen Hauptstadt Seoul erinnern auf dem Berliner Platz neben einer Gaslaterne auch drei Betonblöcke an das einst geteilte Deutschland. Nahe den Vatikanischen Gärten in Rom wurde ein bemaltes, tonnenschweres Mauersegment aus Berlin aufgestellt. Wie Teile des einstigen "antifaschistischen Schutzwalls" - so der Jargon der DDR-Oberen - in alle Welt kamen, bietet Stoff auch für Spekulationen.
Fakt sei aber, so der junge Historiker Ronny Heidenreich, dass Gelder aus dem Verkauf der Mauerteile gleich nach der Wende auch in schwarze Kassen flossen. Die DDR-Außenhandelsfirma Limex, die im Dezember 1989 den Verkauf noch per Staatsauftrag übernahm, habe einen schwunghaften Handel organisiert. Er gehe davon aus, dass Gelder in Millionenhöhe verschwanden, sagt Heidenreich.
So habe allein eine Auktion in Monaco im Sommer 1990, bei der bemalte Mauerteile unter den Hammer kamen, fast zwei Millionen D-Mark eingebracht. Doch als das Geld aus den Mauerverkäufen für karitative Zwecke in Ostdeutschland verteilt werden sollte, sei der Löwenanteil der von Limex und einer zweiten Firma verwalteten Gewinne verschwunden gewesen.
Erste Anfragen kurz nach dem Mauerfall
Der 28-jährige Historiker hat im Auftrag der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur weltweit 125 Orte mit 230 Teilen der Mauer ausfindig gemacht und die Geschichten dazu erkundet. Das Buch "Die Berliner Mauer in der Welt" soll im September herauskommen.
Findige Sammler und Geschichtsinteressierte hätten alles daran gesetzt, Teile der Mauer zu bekommen, berichtet Heidenreich. Die DDR-Führung selbst habe die Verkäufe auf den Weg gebracht, schon drei Tage nach dem Mauerfall seien die ersten Anfragen gekommen. Im Sommer 1990 sei auch die Nationale Volksarmee beim Abbau der Sperranlagen in das Mauergeschäft eingestiegen. Betonelemente seien aber auch tonnenweise geschreddert und in Straßen verbaut worden.
Ungebrochenes Interesse in den USA
Besonders in den USA sei das Interesse "on the Wall" riesengroß und ungebrochen. Mehr als 50 dortige Mauer-Orte sind aufgelistet. Der Wachturm im Washingtoner Newseum gehört zusammen mit acht Mauerteilen laut Heidenreich zu dem weltweit größten Ensemble von Relikten der Berliner Mauer außerhalb Deutschlands. Doch auch in den USA wurde mit der Berliner Mauer Geld verdient, sagt Heidenreich. Wie viel, sei aber unklar. Ein US-Bauunternehmer hatte sich nach Angaben des Historikers 1990 noch von der Limex die Rechte für den Mauerverkauf in seinem Land gesichert.
Anna Kaminsky, die Geschäftsführerin der Stiftung Aufarbeitung, sagt, die Dokumentation zeige plastisch deutsche Geschichte. "Uns ist ja leider das Gefühl ein bisschen verloren gegangen, dass mit dem Fall der Mauer etwas Großartiges passiert ist." Es sei beeindruckend, dass Menschen auch privat weder Kosten noch Aufwand scheuten, ein Stück Mauer zu bekommen. So habe ein japanisches Unternehmen eine halbe Million US-Dollar für sein Mauerstück ausgegeben.
Auch auf dem Mars soll an die Berliner Mauer erinnert werden. Ein ostdeutscher Geologe hatte bei der Kartographierung des Roten Planeten vorgeschlagen, einen 85 Zentimeter großen Felsbrocken "Broken Wall" (zerbrochene Mauer) zu nennen. Die offizielle Entscheidung der Internationalen Astronomischen Union stehe aber noch aus, schreibt Heidenreich.
Quelle: ntv.de, Jutta Schütz, dpa