Dossier

Schengenbeitritt Die Schweiz rückt Europa näher

Die Schweiz rückt der Europäischen Union immer näher. Wenn das kleine Land ab dem 12. Dezember zum Schengenraum gehört, werden die routinemäßigen Personenkontrollen an den Grenzen zu den EU-Ländern abgeschafft, während die Warenkontrollen bleiben. Denn noch ist die Schweiz bekanntlich kein EU-Mitglied, wenn auch weniger bekannt ist, dass ein Beitrittsgesuch seit 1992 in Brüssel vorliegt. Es gilt als "eingefroren", da ein solcher Beitritt im Alpenländle politisch immer noch nicht durchsetzbar wäre. Aber mit der Zugehörigkeit zum Schengenraum wird die Schweiz - bis auf die Schnittstelle mit Liechtenstein - von einer EU-Binnengrenze umschlossen. Beobachter erwarten, dass als nächstes eine zumindest schrittweise Anpassung der Schweizer Regelungen an die EU-Steuergesetze unvermeidbar wird.

Die sogenannten bilateralen Verträge mit der EU sind für die Schweiz überlebenswichtig. Sie haben das Land etappenweise den EU-Ländern angenähert, ohne dass es viel von seiner Eigenständigkeit hat aufgeben müssen. Sie reichen vom Freihandelsabkommen aus dem Jahr 1972, das keine Zollunion vorsieht, zu einem ganzen Bündel von Abkommen aus dem Zeitraum 1999 bis 2004, die unter anderen die Personenfreizügigkeit, den Luft- und Landverkehr und sogar die innere Sicherheit und das Asylwesen betreffen. Hinzu kommt außerdem, dass in der Schweiz inzwischen eine pauschale - wenngleich anonyme - Zinsbesteuerung für Kontoinhaber aus EU-Ländern gilt.

Kein Sonderfall mehr

Das nunmehrige Ende der systematischen Personenkontrollen an den Grenzen zwischen der Alpenrepublik und den Nachbarländern Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich bedeutet eine Erleichterung für rund 700.000 Menschen, die täglich diese Grenzen überqueren. Im Gegenzug dafür erhält die Schweiz Zugriff auf das Schengen Informationssystem (SIS), das etwa Asylbewerber im ganzen Schengenraum registriert, um Doppelbewerbungen auszuschließen.

Grundsätzlich gibt es den "Sonderfall Schweiz" in Europa kaum noch, durchläuft doch das Land mittlerweile etwa bei Einkommen, Bildung oder dem Verständnis der Geschlechterrollen dieselben gesellschaftlichen Entwicklungen wie das übrige Europa. Ein jüngst veröffentlichter Sozialbericht verglich die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Trends in der Schweiz mit jenen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Spanien und den USA. Das Resultat: die Eidgenossen liegen, als Spiegelbild ihrer geografischen Lage, fast in der Mitte. "Die Schweiz ist nicht mehr der Sonderfall, der sie vielleicht einmal war oder zumindest zu sein glaubte", heißt es in dem Bericht.

Mit ihrem Beitritt zu den Vereinten Nationen 2002 hat sich die Schweiz grundsätzlich auch der internationalen Politik geöffnet, obwohl sie praktisch an ihrer Neutralität festhält. Besonders in der Außenpolitik der Genfer Sozialdemokratin und Ministerin Micheline Calmy-Rey versteht sie sich als Mittlerin in den Konflikten der Welt. Auf Ausgleich ist eigentlich auch die Schweizer Innenpolitik ausgerichtet, auch wenn es dort seit Jahren immer rauer zugeht - wie im übrigen Europa.

Quelle: ntv.de, Heinz-Peter Dietrich, dpa

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