Dossier

"Kauft keine slowenischen Waren" Empörung wegen EU-Blockade

Neuer "Bruderkrieg" auf dem Balkan: Mit Empörung hat die Öffentlichkeit in Kroatien auf die Blockade der EU- Beitrittsgespräche durch den Nachbarn Slowenien reagiert. "Kauft keine slowenischen Waren", rief etwa ein Internet-Forum auf. Die Zagreber Zeitung "Vecernji list" unterstellte den Slowenen gar: "Ljubljana ist mit seinem gewaltsamen Benehmen zum Unruhestifter in der EU geworden".

Hintergrund des Zwists ist ein seit Jahren schwelender Streit um die Hoheitsgewässer in der Bucht von Piran. Die ehemaligen "Brüder" aus dem einstigen Vielvölkerstaat Jugoslawien können sich seit 1991 nicht auf eine Regelung für 169 Quadratkilometer in der Bucht im Norden der Adria einigen, zumal beide Seiten fest auf ihren jeweiligen Positionen beharren und nicht zum Nachgeben bereit sind. Zu guter Letzt legte Slowenien am 19. Dezember sein Veto gegen das offizielle Ende der Verhandlungen der EU mit Kroatien in zehn von insgesamt 35 Bereichen ein.

Das slowenische Benehmen gegenüber dem südlichen Nachbarn sei "politischer Primitivismus", urteilt die Zeitung "Jutarnji list". In einer Blitzumfrage unter 900 Kroaten nannten 73 Prozent die Slowenen als die "gefährlichsten Nachbarn". Sie schufen damit binnen Tagen ein neues Feindbild - bisher führten die Serben, gegen die Kroatien den blutigen Unabhängigkeitskrieg 1991-1995 führte.

Wichtige Handelspartner

"Ich habe niemals slowenische Waren gekauft und werde es auch nie tun. Ich habe gegen die Serben gekämpft und werde dies auch gegen die Slowenen tun", schrie ein Kriegsteilnehmer in eine TV-Kamera. Ein Käufer brachte einen 3000 Euro teuren Speisetisch zurück in den Laden. Er habe zu spät gesehen, dass das gute Stück "Made in Slovenia" ist.

Die neueste Facebook-Initiative heißt "Die Slowenen sind blöd - Können wir mehr Menschen in unserer Gruppe vereinen als Slowenien Einwohner hat?". Innerhalb weniger Stunden wuchs die Gruppe auf über 91.000 Mitglieder. Slowenien hat rund zwei Millionen, das Nachbarland Kroatien 4,5 Millionen Einwohner. Das kleinere Slowenien ist ein wichtiger Handelspartner Zagrebs. Die slowenischen Exporte betrugen in den ersten acht Monaten dieses Jahres rund eine Milliarde Euro - die Importe aus Kroatien 650 Millionen.

Slowenien aber reagierte umgehend auf die kroatischen Proteste: Die slowenischen Zöllner verrichteten an den Grenzen zu Kroatien einfach "Dienst nach Vorschrift", und das ausgerechnet zu Beginn der Weihnachts-Reisezeit. Tausende Menschen, unter ihnen sehr viele unbeteiligte Nicht-Slowenen und Nicht-Kroaten, mussten den Streit zwischen den verfeindeten Brüdern ausbaden und stundenlang in der Kälte warten. Und sollten Zagreb und Ljubljana nicht schnell zur Vernunft kommen, befürchteten EU-Diplomaten noch längere Warteschlangen.

Quelle: ntv.de, Boris Raseta, dpa

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