Dossier

Interview mit Oskar Lafontaine Finanzmärkte haben der Linken geholfen

Eine erfolgreiche Aufstellung sollte man nicht korrigieren, sagt Oskar Lafontaine im Interview mit n-tv.de. Die Linke habe eine Veränderung der politischen Agenda bewirkt. "Bewirkt haben aber auch viel die Finanzmärkte, die jetzt doch den nachdenklichen Menschen gezeigt haben, dass der entfesselte Finanzkapitalismus nur zu Unglück und Zerstörung führt." Auf dem Parteitag in Rostock hatte Lafontaine zuvor seine letzte Rede als Linken-Chef gehalten.

"Wir sind recht weit gekommen", sagt Lafontaine.

"Wir sind recht weit gekommen", sagt Lafontaine.

(Foto: REUTERS)

n-tv.de: Herr Lafontaine, Sie haben soeben Ihre letzte Rede als Parteivorsitzender der Linken gehalten. Sind Sie ein bisschen traurig - oder überwiegt die Freude?

Oskar Lafontaine: Ich bin erfreut, weil sich die Partei heute in einer hervorragenden Verfassung befindet. Wir haben mehr Erfolge als wir uns am Anfang erträumt haben. Wir sind in 13 Landtagen, wir sind im Bundestag stärker als Grüne und CSU. Das ist Leistung, auf die die gesamte Partei stolz sein kann. Ich habe aber auch ein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber denjenigen, die mir und uns geholfen haben, diese Ergebnisse zu erzielen.

Was wollten Sie den Delegierten heute besonders ans Herz legen?

Zwei Dinge sind wichtig. Wir haben eine erfolgreiche Strategie. Und das ist wie im Fußball - eine erfolgreiche Aufstellung sollte man nicht korrigieren. Das zweite ist, dass wir in dieser Finanzmarktkrise die einzige politische Partei sind, die die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Zeit hat.

Klaus Ernst und Gesine Lötzsch müssen eine gespaltene Partei vereinen. Wie ist das möglich?

Es gibt bei uns, wie in allen Parteien, unterschiedliche Richtungen und Strömungen, natürlich auch unterschiedliche Erfahrungen in Ost und West. Wir sind im Westen organisatorisch noch nicht hinreichend gefestigt - das muss aufgearbeitet werden. Aber man kann nun mal in fünf Jahren nicht alles leisten. Wir sind aber recht weit gekommen - und die beiden werden mit der ganzen Partei diese Aufgabe weiterführen.

Was ist besser für die Linke? Opposition oder Regierung?

Das gibt es kein besser oder schlechter. Das hängt immer von den konkreten Bedingungen ab. Was kann man wo und wie am besten durchsetzen? Wenn wir uns in der Regierung besser durchsetzen können, werden wir das machen. In Nordrhein-Westfalen werden wir uns nur dann an einer Regierung beteiligen, wenn diese verbindlich erklärt, keinen Sozialabbau im Bundesrat mitzutragen.

Was hat die Linke während Ihrer Amtszeit bewirkt?

Sie hat eine Veränderung der politischen Agenda bewirkt, das wurde ja von allen Medien auch festgestellt. Die soziale Frage ist wieder auf der Tagesordnung. Bewirkt haben aber auch viel die Finanzmärkte, die jetzt doch den nachdenklichen Menschen gezeigt haben, dass der entfesselte Finanzkapitalismus nur zu Unglück und Zerstörung führt.

Haben Sie manchmal noch schlaflose Nächte wegen der SPD? Sie waren ja mal überzeugter Sozialdemokrat …

Schlaflose Nächte, das wäre übertrieben. Ich habe aber noch Bindungen an viele Mitglieder, die mit mir über Jahre zusammengearbeitet haben. Die SPD war für mich immer eine Programmpartei, und dieses Programm, nämlich soziale Gerechtigkeit und Frieden, vertrete ich nach wie vor.

Was denken Sie zurzeit über die SPD und ihre neuen Hartz-IV-Pläne?

Die Wahrheit ist immer konkret. Entscheidend wird sein, was sie im Bundestag und den Länderparlamenten macht. In Nordrhein-Westfalen läuft nun ein Test auf die Glaubwürdigkeit der SPD. Wenn sie im Bundesrat weiteren Sozialabbau mitträgt, fällt sie weiter zurück in die Agenda 2010.

Mit Oskar Lafontaine sprach Jochen Müter

Quelle: ntv.de

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