Immobilienkauf durch die NPD Gemeinde wehrt sich
15.08.2008, 11:17 UhrEs ist das alte Katz-und-Maus-Spiel. Dieses Mal hat es die rechtsextreme NPD auf ein leerstehendes Gebäude auf der Schwäbischen Alb abgesehen. In der 2700 Seelen-Gemeinde Straßberg will sie für rund 540.000 Euro den ehemaligen Nachtclub "Linderhof" kaufen und als Schulungszentrum nutzen. Und wieder wehrt sich die betroffene Gemeinde mit Plakaten und Unterschriftenlisten und erwägt, das Gebäude den Rechtsradikalen vor der Nase wegzuschnappen.
"Ich werde alles ausschöpfen, was rechtlich möglich ist, um einen Kauf zu verhindern", sagt Bürgermeister Manfred Bopp (CDU). Von Anfang an hatte er erklärt, dass die Stadt bereit ist, das Grundstück zu kaufen. "Zu einem akzeptablen Preis, der wahrscheinlich aber etwas über dem Verkehrswert liegen wird." Der Landrat und CDU- Landtagsabgeordnete Günther-Martin Pauli betont: "Wir können aber keinen Sack voll Geld in die Hand nehmen." Dabei denkt er wohl auch an die Warnung der Verfassungsschützer, dass die NPD mit vermeintlichen Kaufabsichten versuche, Preise in die Höhe zu treiben und daran mitzuverdienen.
Kein Einzelfall
Von der CDU/FDP-Landesregierung in Stuttgart fühlt sich Bopp im Stich gelassen. "Das Land ist informiert, aber es rührt sich nicht." Von Innenminister Heribert Rech (CDU) kommt lediglich verbale Schützenhilfe: "Wir müssen die NPD politisch bekämpfen und wie in Straßberg Flagge zeigen."
Straßberg ist kein Einzelfall. So kaufte die niedersächsische Stadt Delmenhorst im Dezember 2006 mit Hilfe von Spenden ein von der NPD ins Auge gefasstes Hotel - zu einem überteuerten Preis. Im September 2007 verhinderte die Stadt Menden in Nordrhein-Westfalen den Verkauf eines Gutshauses an den Hamburger Rechtsextremisten Jürgen Rieger. Sie einigte sich mit der Besitzerin auf einen angeblich angemessenen Preis. Derzeit überlegt das bayerische Warmensteinach, ob es bei einem Gasthaus sein Vorkaufsrecht nutzt.
Bürokratische Brocken
In Straßberg blieben Gespräche mit dem Schweizer Eigentümer bislang erfolglos. Zu weit liegen die Preisvorstellungen auseinander. "Wir haben alles aufgeboten, was mit gutem Gewissen vertretbar ist", sagt Pauli. Der Großteil des Gebäudes befinde sich aber in einem abbruchreifen Zustand.
Die Gemeinde will NPD und Eigentümer deshalb auch bürokratische Brocken in den Weg legen. Das Bebauungsplanverfahren wurde gestoppt. "Es gibt aber keine Willkür-Bürokratie", betont Pauli. Der Eigentümer hatte zunächst ein Wellness-Hotel in der seit langer Zeit leeren Gaststätte "Linderhof" errichten wollen. Die NPD will das Gebäude als "gewöhnliches" Hotel nutzen. Doch es gebe naturschutz- und baurechtliche Bedenken, erklärt der Landrat.
Lohnendes Geschäft für die NPD
Auch diesen Weg sind schon mehrere Gemeinden gegangen. Noch immer streitet sich Karlsruhe (Baden-Württemberg) mit den tschechischen Besitzern eines Hauses über die Erklärung eines Straßenzuges zum reinen Wohngebiet. Auch dort wollte die NPD ein Schulungszentrum einrichten. Im niedersächsischen Melle verzichtete Rieger - der seit 2004 ein ehemaliges Bundeswehranwesen in Dörverden (Niedersachsen) besitzt - im November 2007 auf den Kauf eines alten Bahnhofs. Die Stadt hatte den Bebauungsplan geändert.
Aus Sicht des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg setzt die NPD auf einen Trick: "Die Partei hat erkannt, dass sie damit Druck auf die Kommunen ausüben kann, um überhöhte Preise zu erzielen", sagt Verfassungsschützer Frank Dittrich. Wenn sie mit dem Verkäufer zusammenarbeite und eine Provision erhalte, könne dies ein "lohnendes Geschäft" für die unter Finanznöten leidende Partei sein. Wegen der Geldprobleme der Rechtsextremen könnte der Kelch vielleicht doch noch an den Straßbergern vorbeigehen. Denn die Bundes-NPD hat Bedenken gegen den Kauf geäußert. Sie fürchte, dass dann nicht mehr genügend Geld für Wahlkämpfe vorhanden sei, sagt der baden-württembergische Landesvorsitzende, Jürgen Schützinger.
Quelle: ntv.de, Berit Schmidt, dpa