Wettbewerb der Kindergärten Gutscheine nicht für jeden
15.08.2007, 12:24 UhrAls Hamburg im August 2003 mit Gutscheinen für einen Kindergartenplatz ein völlig neues System einführte, war das Interesse in Deutschland überall groß. Nachahmer gibt es zwar bis heute nicht, aber die bundesweite Diskussion über den Ausbau der Betreuung von kleinen Kindern und deren Finanzierung ist wieder neu entbrannt. Und das Hamburger System bleibt ein Streitfall - Glücksfall für die Gesellschaft oder eine Lotterie mit den Nieten für die ärmeren Gesellschaftsschichten?
Unumstritten ist, dass in Hamburg deutlich mehr Krippenkinder betreut werden als andernorts. Seit Einführung des Kita-Gutscheinsystems können Eltern in der Hansestadt selbst entscheiden, wo der Nachwuchs betreut wird. Sie müssen dafür allerdings beim Jugendamt erst einmal den Anspruch auf einen Kita-Platz nachweisen. Einen Rechtsanspruch gibt es in den ersten drei Lebensjahren und für Schulkinder allerdings nur für berufstätige Eltern.
In der Diskussion
Die CDU-Regierung ist vier Jahre nach dem chaotischen Start überzeugt, genau das Richtige getan zu haben. "Das Kita-Gutschein-System hat dadurch, dass die Kindergärten jetzt im Wettbewerb zueinander stehen, zu höheren Qualitätsstandards geführt", sagt Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU). "Das wettbewerbsorientierte System hat dazu geführt, dass es bessere Spiel- und Bildungsangebote in den Kitas gibt", betont auch der Leiter des städtischen Kindergartens St. Georg, Arne Ladda.
Trotzdem sieht er die Regelung äußerst kritisch: "Es ist absurd, dass kleine Kinder aus sozial schwachen Familien daheimbleiben müssen, wenn die Eltern arbeitslos sind." Gerade in den sozialen Brennpunkten verschärfe sich die Schieflage, weil Kinder unter drei Jahren aus Problemfamilien keine Chance haben, Bildungsdefizite im Kindergarten aufzuholen. Auch Hamburgs Grüne sprechen von einer "sozialen Selektion" - und die SPD bemängelt: "Kinder nicht berufstätiger Eltern - vor allem in sozialen Brennpunkten - haben ihren Kita-Platz verloren. Kürzungen beim pädagogischen Personal haben insgesamt zu erheblichen Qualitätseinbußen geführt", sagt die SPD-Abgeordnete Andrea Hilgers.
"Passgenaue Betreuung"
"Mit dem neuen System fördern wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In Hamburg erhalten Kinder berufstätiger Eltern die passgenaue Betreuung, die sie brauchen", sagt dagegen die Senatorin.
Der Gutschein selbst ist für die Kitas wie ein Scheck, mit dem es beim Bezirk Geld für die erbrachte Leistung gibt. Zuvor bekamen Kitas in Hamburg wie andernorts ein Budget nach Anzahl der bereitgehaltenen Plätze, unabhängig von geleisteten Betreuungsstunden und Auslastung. Weniger Geld für die Kinderbetreuung gibt Hamburg aber trotzdem nicht aus: 2002 waren es 296 Millionen Euro, im Vorjahr 345 Millionen Euro, sagt eine Behördensprecherin. Das liege vor allem daran, dass die Zahl der betreuten Kinder gewachsen ist - von damals 68.200 auf 71.300 im Jahr 2006.
Von Maja Abu Saman, dpa
Quelle: ntv.de