Deutsch-Französische Impulse Klimaschutz aus Straubing
10.06.2008, 08:32 UhrFür gute Gipfel-Atmosphäre war gleich gesorgt: "Servus Angi + Nikolas" hatten die Straubinger Kinder, in eigenwilliger Schreiben, auf ihre Schilder gemalt; dazu schwenkten sie Fähnchen und kreischten, als Angela Merkel (CDU) auf sie zukam. Die Bundeskanzlerin und der französische Präsident Nicolas Sarkozy wollten aus Bayern aber nicht nur ein angenehmes Gefühl mitnehmen. Am frühen Abend präsentierten sie ein Ergebnis, das ihre Delegationen noch am Morgen nicht für möglich gehalten hätten: Gemeinsam wollen Berlin und Paris in der EU das Klimapaket voranbringen, inklusive CO2-Abgaben für die Autoflotte. "Wir haben die Weichen gestellt für eine erfolgreiche französische EU-Präsidentschaft", freute sich die Kanzlerin.
Deutschland und Frankreich seien "handlungsfähig", dies sei ein "wichtiger Impuls", sagte Merkel, die sich en dtail über den Gipfelkompromiss äußerte: Gemeinsam wollen Deutschland und Frankreich das Ziel der EU verfolgen, die CO2-Emissionen bis 2012 auf 120 bis 130 Gramm pro Kilometer und Kraftfahrzeug zu begrenzen, gemeinsam sollen dann die Ziele für die Periode bis 2020 abgesteckt werden, vermutlich auf 95 bis 110 Gramm. Anders als die EU-Kommission plädieren Deutschland und Frankreich aber für längere Übergangsphasen. "Die Wirtschaft braucht Klarheit", sagte Merkel. Sarkozy zeigte sich über die Einigkeit hocherfreut. Wohl wissend, dass der Kanzlerin in der Koalition die Hände gebunden sind, bot er ihr schmunzelnd eine Zusammenarbeit auf einem ganz anderen Gebiet an - beim Ausbau der Atomenergie.
Beckstein schaut vorbei
Die Kanzlerin absolvierte seit Sonntag ein bayerisches Intensivprogramm. Als sie auf dem Theresienplatz in Straubing in Stellung ging, um auf die hohen Gäste aus Frankreich zu warten, hatte sie gerade eine Nacht in Erding hinter sich, wo die christsoziale Schwesterpartei sich nur mit Not in eine gewisse Disziplin der Regierungsarbeit einbinden ließ. Nach dem christdemokratischen Ringen um Steuer- und Abgabenlast begab sich aber auch Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) nach Straubing, wo er beim Gipfelauftakt als Hausherr ein paar Sympathiebekundungen seiner Landeskinder einheimste.
Einen anderen Schwerpunkt des Gipfels sprachen Merkel und Sarkozy gleich zu Beginn offen an. Die Kanzlerin erinnerte an die schwierige Geburt des gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungsrats, der sein 20. Jubiläum feiert. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich seien "durch gute und allerschwerste Momente gegangen", bevor sich mit dem Elyse-Vertrag 1963 die Freundschaft der Ex-Erzfeinde anbahnte, bemerkt die Kanzlerin. Dann jedoch hätten Deutschland und Frankreich begonnen, gemeinsam Europa voranzubringen, etwa mit Gründung des Eurokorps 1993 und mit dem Beginn der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik 1999. Vor Ehrenformationen beider Streitkräfte sagt Sarkozy, er sei stolz darauf, dass deutsche und französische Soldaten nun "gemeinsam kämpfen im Kosovo und in Afghanistan".
Verantwortung verbündet
Während die Kanzlerin für die Erfolge der deutschen EU-Ratspräsidentschaft viele Lorbeeren einheimste, steht Sarkozy die Adelung als EU-Politiker noch bevor. Deutschland und Frankreich seien "nicht nur Freunde, nicht nur Verbündete", sagt Sarkozy beschwörend in Straubing, sie trügen gemeinsam "Verantwortung für Europa". Selbst für den Fall, dass die Iren in dieser Woche den EU-Reformvertrag ablehnen sollten, haben sich Präsident und Kanzlerin bereits abgestimmt - sagen aber nicht, auf welches Vorgehen. Vielmehr folgt Sarkozy am Ende des Gipfels der Einladung Merkels zum Dner in das Straubinger Traditionsrestaurant "Zum Geiß". Dafür verzichtet er sogar auf das Live-Erlebnis von der Europameisterschafts-Begegnung Frankreich-Rumänien.
Andreas Osterhaus, AFP
Quelle: ntv.de