Dossier

Porträt Kraft am Ziel

Kraft will auf alle Fraktionen im Düsseldorfer Landtag zugehen - nicht nur auf die Linken.

Kraft will auf alle Fraktionen im Düsseldorfer Landtag zugehen - nicht nur auf die Linken.

(Foto: dpa)

Hannelore Kraft hat die nordrhein-westfälische SPD zu einer "Kümmerpartei" gemacht. Jetzt ist sie am Ziel. Offen bleibt, wie lange ihre Minderheitsregierung hält.

Am Mittwoch gegen 13:10 Uhr kann Hannelore Kraft endlich aufatmen: Im zweiten Wahlgang wird die 49-jährige SPD-Landeschefin im Düsseldorfer Landtag zur Ministerpräsidentin gewählt. Damit steht erstmals eine Frau in dem bevölkerungsreichsten Bundesland an der Spitze der Regierung. Mit einem Durchmarsch von Kraft war lange nicht zu rechnen. Zu groß schien im Wahlkampf lange Zeit der Vorsprung ihres Amtsvorgängers Jürgen Rüttgers (CDU) zu sein. Doch die frühere Unternehmensberaterin wurde unterschätzt. Sie blieb beharrlich und holte in der Gunst der Wähler auf. Kraft ließ sich auch nach der Landtagswahl am 9. Mai nicht beirren, als nach den ersten Jubelgesängen die SPD mit den Grünen die Mehrheit im Landtag doch noch um einen Sitz verpasste.

Nach diversen Sondierungs- und Koalitionsgesprächen - auch mit den Linken, der FDP und der CDU - ist Kraft am Ziel. Wie lange die von der Ministerpräsidentin und ihrer grünen Stellvertreterin Sylvia Löhrmann geschmiedete Minderheitsregierung hält, ist allerdings offen. Kraft hat angekündigt, sie wolle die Politik ihrer Minderheitsregierung so stabil wie möglich gestalten. "Fundamentalopposition und Schmollecke bringen unser Land nicht weiter", hat sie der künftigen Opposition schon mal vorgehalten.

Kraft will auch im Bund mitmischen

Auch im Bund wird die Sozialdemokratin stärker mitmischen. Sie bricht die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat und erschwert damit der zerstrittenen schwarz-gelben Koalition das Regieren zusätzlich. Dabei geht es für Kraft auch ums Prinzip. Ein Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken - in Nordrhein-Westfalen steht kein einziges - will sie im Bundesrat stoppen. Ob die Kammer allerdings gefragt wird, ist offen.

"2010 wird ein gutes Jahr für die SPD" orakelte Kraft bereits im Januar. Ernst genommen hat ihre Beteuerungen damals außerhalb ihrer Partei kaum jemand. Zur Überraschung aller brachte sie die SPD am 9. Mai auf Augenhöhe mit der über Jahre übermächtig erscheinenden CDU - nur knapp 6000 Stimmen lag die CDU am Ende vorne, bei der Zahl der Mandate eingeholt von der SPD. "Die SPD ist wieder da", jubelte Kraft, die damit endgültig zur Hoffnungsträgerin auch der Bundes-SPD wurde, die sie zur Unterstützung des Wahlkampfs bereits auf den Schild der Vizeparteichefin gehoben hatte.

Neue Schulden für Kraft unvermeidbar

Kraft hatte nach ihrem Eintritt in die SPD 1994 rasch Karriere gemacht. 2007 übernahm sie die Führung der NRW-SPD. Der Wahlkampf der Sozialdemokraten war ganz auf sie zugeschnitten. Die ehemalige Ministerin in den Kabinetten der SPD-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement und Peer Steinbrück hat unermüdlich die Parteibasis bereist - und führt nun nach eigenen Worten eine "Kümmerpartei", die ihre Politik "geerdet" hat.

Die in Mülheim an der Ruhr geborene Kraft versprach ein sozialeres und gerechteres Nordrhein-Westfalen, in dessen Bildungseinrichtungen kein Kind mehr "zurückgelassen" werden solle. In der Bildungspolitik will sie auch die ersten Pflöcke einschlagen. Die umstrittenen Kopfnoten sollen ebenso der Vergangenheit angehören wie die Studiengebühren. Kraft will zudem die Kommunen finanziell entlasten und die Mitbestimmung im Öffentlichen Dienst stärken. Dass das Land für die Pläne mehr Schulden machen muss, nimmt sie hin. Es handele sich um gut angelegtes Geld, sagt sie.

Ob sie dies allerdings durchsetzen kann, ist offen. Für die Aufstellung eines Haushalts benötigt die neue Regierung Unterstützung über ihre Parteigrenzen hinaus. Scheitert dies, könnte es schon bald Neuwahlen geben.

Quelle: ntv.de, rts

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