Georgiens Staatsfeind Mysteriöser Tod in London
13.02.2008, 19:26 UhrDer Milliardär Badri Patarkazischwili war Georgiens Staatsfeind Nummer eins. Dass der erst 52 Jahre alte Oppositionspolitiker nun in seinem Exil bei London an "Herzversagen" starb, ließ viele Menschen in Tiflis an einer natürlichen Ursache zweifeln. Immerhin ist dies nicht der erste mysteriöse Tod eines georgischen Politikers. Und es ist auch nicht das erste traurige Ende einer zwielichtigen Figur aus der früheren Sowjetunion in England. 2006 starb der Ex-Geheimdienstler und Kremlkritiker Alexander Litwinenko an dem Strahlengift Polonium 210.
"Verdächtig" nannte die Polizei Patarkazischwilis plötzliches "Herzversagen" in London. Der reichste Mann Georgiens hatte seit langem einen Mordanschlag befürchtet. "Ich habe 120 Leibwächter, aber ich weiß, das ist nicht genug, ich fühle mich nirgends sicher und reise deshalb auch nicht mehr in meine georgische Heimat", ließ Patarkazischwili zuletzt im Dezember wissen. Damals kandidierte er aus der Ferne bei der vorgezogenen Präsidentenwahl gegen Amtsinhaber Michail Saakaschwili. Behauptungen ehemaliger Regierungsmitglieder zufolge wollte Saakaschwili den reichen Strippenzieher in Georgiens Politik bereits 2005 umbringen lassen.
Sturz des kriminellen Regimes
Sein Ziel sei der Sturz des kriminellen Regimes des "Diktators Saakaschwili", gab Patarkazischwili unumwunden zu - und handelte sich prompt eine Anklage wegen eines versuchten Staatsstreiches ein. Der Milliardär galt als Drahtzieher der Proteste gegen Saakaschwili im vergangenen November, die zu einem Ausnahmezustand in der Kaukasusrepublik führten. Mit seinem einflussreichen Fernsehsender Imedi TV rief er seine Landsleute so lange auf, Saakaschwili abzuwählen, bis die Behörden das Programm trotz internationaler Proteste abschalteten.
Wenige Tage vor der Wahl räumte der Georgier unter erdrückender Beweislast ein, dem Chef für Spezialeinsätze des Innenministeriums 100 Millionen US-Dollar angeboten zu haben. Als Gegenleistung sollte der Sicherheitsmann Irakli Kodua den Innenminister ausschalten. Patarkazischwili erklärte den geplanten Coup damit, dass er neue Polizeigewalt gegen regierungskritische Demonstranten wie im November sowie Wahlfälschungen verhindern wollte. Wohl auch wegen dieser dubiosen Erklärung verlor er am 5. Januar weit abgeschlagen gegen Saakaschwili.
Angesichts der georgischen Parlamentswahl im Mai sprach die Opposition nach dem Tod Patarkazischwilis von einem herben Rückschlag. Der in den 1990ern auch in Russland zu Vermögen gekommene Oligarch hatte mehrere Parteien finanziell unterstützt. "Das war Mord", sagte David Schukakidse von Patarkazischwilis eigener Partei Unser Georgien.
Nichts deutete auf einen Herzfehler hin
Der frühere Präsident Eduard Schewardnadse und zahlreiche andere Politiker in Tiflis bezeichneten Patarkazischwili als "guten Patrioten", der viel für sein Land getan habe. Viele sahen sich auch an den plötzlichen Tod von Georgiens Regierungschef Surab Schwania erinnert, der nach offiziellen Angaben 2005 bei einem Gasunfall ums Leben gekommen war und als Verbündeter Patarkazischwilis galt.
Nichts deutete bei Patarkazischwili auf einen Herzfehler hin, ließen sein Arzt und seine Familie mitteilen. Entsprechend spekulierten viele seiner Freunde über einen möglichen Mordkomplott. Russische Medien mutmaßten, sein Tod könne auch im Interesse des Kreml liegen. In Moskau sind gegen Patarkazischwili - wie gegen seinen auch im Londoner Exil lebenden Geschäftsfreund Boris Beresowski - mehrere Strafverfahren wegen Betrugs anhängig. Zudem gab der Milliardär unlängst bekannt, er besitze belastendes Material gegen Kremlchef Wladimir Putin, der sich früher bei der Petersburger Stadtverwaltung der Korruption schuldig gemacht haben solle.
Von Ulf Mauder, dpa
Quelle: ntv.de