Dossier

Sparpläne der Regierung Rotstift-Attacke - wo, wer, wofür?

Sparen - aber wo?

Sparen - aber wo?

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Etat-Probleme der Regierung sind gewaltig - 10 Milliarden Euro sollen gespart werden. Aber wo? Kurz vor der Spar-Klausur läuft das Gezerre um die Kürzungen auf Hochtouren. Einige Minister sind willig, andere nicht. n-tv.de zeigt, welche Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Am kommenden Sonntag trifft sich das Kabinett zur Haushaltsklausur. Im Etat 2011 müssen mindestens 10 Milliarden Euro eingespart werden, um der Schuldenbremse des Grundgesetzes Genüge zu tun. Der Widerstand aus den Einzelressorts ist groß – das Geschacher um die eine oder andere Milliarde längst losgetreten. Einzig Bildungsministerin Annette Schavan kann wohl gelassen bleiben. An den Ausgaben für Bildung und Forschung soll nicht gerüttelt werden. Ihre Kabinettskollegen müssen dagegen ihre Haushaltspläne gründlich durchforsten.

Finanzminister Wolfgang Schäuble muss weniger Schulden sicherstellen und verlangt von seinen Ministerkollegen Unterstützung.

Finanzminister Wolfgang Schäuble muss weniger Schulden sicherstellen und verlangt von seinen Ministerkollegen Unterstützung.

(Foto: dpa)

Es gehe es nicht darum, beim Sparen jemanden zu quälen, sondern Sicherheit für die Zukunft zu schaffen, versuchte Finanzminister Wolfgang Schäuble die Spar-Debatte zu entschärfen. "Wir sollten aufhören, öffentlich den Eindruck zu erwecken, als stünden wir am Rande einer furchtbaren Bedrohung." Es bestehe vielmehr die Chance, die deutschen Finanzen nachhaltiger und das Land wettbewerbsfähiger zu machen.

Verteidigung

Das Verteidigungsressort soll einen Großteil der Etatkürzungen stemmen. 2011 soll Minister Karl-Theodor zu Guttenberg den Verteidigungshaushalt um 600 Millionen Euro gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung kürzen. Für 2014 verlangt das Finanzministerium sogar Minderausgaben von 1,3 Milliarden Euro. Davon ließ sich der CSU-Mann aber nicht verschrecken und brachte seine Sparvorschläge als erstes Kabinettsmitglied an die Öffentlichkeit.

Guttenberg lässt eine drastische Reduzierung der Bundeswehr prüfen.

Guttenberg lässt eine drastische Reduzierung der Bundeswehr prüfen.

(Foto: APN)

Guttenberg will nicht nur Kasernen schließen, sondern auch die Armee verkleinern und möglicherweise die Wehrpflicht aussetzen. Mehrere Zeitungen berichteten über Berechnungen, nach denen das Aussetzen der Wehrpflicht 400 Millionen Euro im Jahr einbringen könnte. Zudem soll es im Verteidigungsministerium Überlegungen geben, die Truppenstärke von 250.000 auf 150.000 Soldaten zu kürzen. Ein Dementi kam aus dem Hause Guttenberg nicht. Es würden in Vorbereitung der Kabinettsklausur am Wochenende unterschiedliche Szenarien geprüft, erklärte ein Sprecher. "Dabei gibt es keine Denkverbote, aber auch noch keine Entscheidungen."

Gespart werden soll auch bei Rüstungsprojekten. Auf der Kippe stehen das Raketenabwehrsystem Meads und die letzte Eurofighter-Lieferung. Die FDP will zudem weniger Flugzeuge des Transport-Airbus A400M ordern.

Klar ist, dass die Bundesregierung keine Abstriche bei den Auslandseinsätzen vornehmen will. Guttenberg hat zugesichert, dass bei der Ausrüstung etwa für den Afghanistan-Einsatz nicht gespart werde.

Verkehr

Auch von Peter Ramsauer erwartet der Finanzminister einen gewaltigen Sparbeitrag: 259 Millionen Euro im Jahr 2011 und mehr als eine halbe Milliarde Euro in den Folgejahren. Anders als der spareifrige Guttenberg will Ramsauer massive Kürzungen in seinem Bereich verhindern. "Wenn es etwas zu sparen gibt, dann hätte ich es oder habe es getan", wetterte der CSU-Politiker. Der Einführung einer Pkw-Maut erteilte der Verkehrsminister ebenso eine Absage wie der Kürzung des Bundeszuschusses für das umstrittene Prestigeprojekt "Stuttgart 21". Dieser Zuschuss in Höhe von 568 Millionen Euro entspreche der Summe, die der Bund ohnehin für den Ausbau der Strecke Stuttgart-Ulm hätte geben müssen.

Der Start des Bauvorhabens des Berliner Stadtschlosses könnte sich verzögern.

Der Start des Bauvorhabens des Berliner Stadtschlosses könnte sich verzögern.

(Foto: dpa)

Trotzdem muss er einige große Bauvorhaben streichen oder zumindest verschieben. Sein Haus erarbeite eine Prioritätenliste, so Ramsauer. So steht offenbar der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses auf der Kippe. Laut Medienberichten soll der Baubeginn des 552 Millionen Euro teuren Vorhabens zumindest verschoben werden.

Die Bundesregierung erwägt zudem, von 2011 an auch auf vierspurigen Bundesstraßen die Lkw-Maut zu erheben. Davon erhofft sich Ramsauer jährliche Mehreinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe. Die Abgabe gilt bisher nur für Autobahnen und einige wenige Bundesstraßen.

Arbeit und Soziales

Obwohl sie nicht muss, will sie einen Beitrag leisten: Ursula von der Leyen.

Obwohl sie nicht muss, will sie einen Beitrag leisten: Ursula von der Leyen.

(Foto: REUTERS)

Das Arbeitsministerium könnte mit Einsparungen von vier Millionen Euro von Schäubles Spar-Diktat praktisch ausgenommen sein. Dennoch will Ministerin Ursula von der Leyen ihren Beitrag leisten. Dabei kommt ihr vor allem die stabile Entwicklung am Arbeitsmarkt zugute. Weil derzeit weniger Menschen arbeitslos gemeldet sind als in der Krise befürchtet, braucht die Arbeitsministerin 2011 weniger Geld als erwartet. Als Sparbeitrag werde dies allerdings nicht reichen, betont die CDU-Frau.

Richtig sparen will von der Leyen bei den 40 Milliarden Euro, die für Hartz IV vorgesehen sind. An den Regelsätzen soll sich nichts ändern. Im Gespräch ist auf Initiative der FDP eine Mietpauschale für Empfänger des Arbeitslosengeldes II, um die Kosten für die Verwaltung und Streitschlichtung zu senken. Damit könnte ein "dreistelliger Millionenbetrag" gespart werden.

Auf der Streichliste steht ein Teil der milliardenschweren Zuschüsse für die Weiterbildung und die Wiedereingliederung von Arbeitslosen. "Die am wenigsten wirksamen Maßnahmen müssen gestrichen werden. Stichproben zeigen, dass das etwa ein Fünftel der Maßnahmen sein könnten", so die Ministerin. Noch steht aber nicht fest, wo gekürzt wird. Kürzungen bei der Rente sind für von der Leyen tabu.

Familien

Auch Familienministerin Kristina Schröder ließ ihren Sparwillen relativ schnell erkennen. Offenbar soll vor allem bei den direkten finanziellen Leistungen für Familien gespart werden. Während der Ausbau der Kinderbetreuung nicht angetastet werden solle, werde es voraussichtlich Kürzungen beim Elterngeld geben. Bislang bekommen Eltern bis zu 14 Monate lang 67 Prozent ihres bisherigen Nettoeinkommens gezahlt. Der Anteil solle auf unter 60 Prozent sinken.

Am Höchstbetrag von 1800 Euro pro Monat soll sich nichts ändern, betont die CDU-Frau. Die geplante Verlängerung der Vätermonate und die vorgesehene Teilzeitvariante werden aber vorerst nicht eingeführt. Auch das vor allem von der CSU geforderte Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zuhause erziehen, stellt die Ministerin unter Vorbehalt. "2013 werden wir sehen können, ob wir es finanzieren können", sagt Schröder.

Dafür schließt die Ministerin Kürzungen an den Ausgaben für den Ausbau der Kinderbetreuung aus. Auch den für 2013 geplanten Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unter Dreijährige will sie erhalten.

Umwelt

Gehorsam geht anders. "Ich spare durch Wachstum. Ohne Wachstum wird keine Konsolidierung gelingen", stellte sich unlängst Umweltminister Norbert Röttgen gegen Schäubles Spardiktat. Anstatt seinen Etat von 1,6 Milliarden Euro zu kürzen, verlangt er sogar mehr Geld für sein Ressort.

Will nicht sparen, sondern mehr ausgeben: Nobert Röttgen.

Will nicht sparen, sondern mehr ausgeben: Nobert Röttgen.

(Foto: dpa)

Als Beispiel nannte Röttgen das Marktanreizprogramm für Öko-Heizungen. Anfang Mai hatte Schäuble für 2010 die staatliche Förderung privater Sonnenkollektoren, Holzpelletkessel und anderer Maßnahmen eingefroren. Gegen Röttgens Willen stutzte er die Fördergelder bereits für das laufende Jahr auf 448,3 Millionen Euro. Jüngst fror er mehr als ein Viertel davon ein.

Der CDU-Politiker plädiert für Kürzungen, die die Konjunktur nicht bremsen. Wenn das Finanzministerium den Rest des Marktanreizprogramms über 115 Millionen Euro entsperren würde, würde dies 900 Millionen Euro Investitionen auslösen mit 90 Prozent deutscher Wertschöpfung. "Zum Sparen brauchen wir Wachstumselemente", betont Röttgen.

Wirtschaft

Gut fünf Prozent seines 6-Milliarden-Etats will Wirtschaftsminister Rainer Brüderle in den nächsten vier Jahren einsparen – also fast 400 Millionen Euro. Im Auge hat der FDP-Mann die Subventionen für die Steinkohle und die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe (GA) zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur.

Wo kann denn noch gespart werden? Brüderle und Schäuble.

Wo kann denn noch gespart werden? Brüderle und Schäuble.

(Foto: dpa)

Von den Zuwendungen für die Steinkohle profitiert in erster Linie Nordrhein-Westfalen. Brüderle regt an, Subventionen von Anfang an auf drei bis fünf Jahre zu befristen, um dann jeweils neu zu entscheiden. "Da läuft man nicht so leicht Gefahr, Dauersubventionen zu erzeugen", sagt der Wirtschaftsminister. Mit 1,5 Milliarden Euro stützt der Bund den Bergbau. Die Förderung soll 2018 auslaufen, die FDP würde diesen Termin gern vorziehen. Die 664 Millionen Euro teure GA-Förderung kommt vor allem den neuen Ländern und Berlin zugute.

Außerdem erhofft sich Brüderle mehr eigene Sparvorschläge von den Wirtschaftsverbänden. Bisher habe er noch nicht viele Vorschläge von Seiten der Wirtschaft gehört. Er gehe aber davon aus, dass sie ihren Beitrag leiste.

Quelle: ntv.de, mit dpa/rts/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen