Dossier

Seit Januar 2006 im Koma Scharons Zustand unverändert

Von Ulrich W. Sahm

"Es gibt keine Änderung in seinem Zustand." Wie ein Mantra wiederholt Orly Levy, die stellvertretende Sprecherin des Schiba Krankenhauses in Tel Haschomer diesen Satz auf jede Frage zu dem seit Januar 2006 im Koma liegenden Premierminister Ariel Scharon.

Seit über einem Jahr liegt Scharon abgeschirmt und bewacht in der Beatmungs-Abteilung. "Wenn Sie etwas über seine Bewachung wissen wollen, dann wenden Sie sich bitte an den Inlandsgeheimdienst", sagt Levy. Doch der Geheimdienst hat keinen Sprecher. "Scharon ist eine Privatperson. Deshalb können wir nichts weiter mitteilen. Sowie sich sein Zustand verändert, werden wir das veröffentlichen", sagte die Sprecherin.

Im Januar 2006 erlitt Scharon einen Schlaganfall. Sein Zustand verschlechterte sich, als er per Ambulanz von seiner Privatfarm nach Jerusalem ins Hadassa Hospital gebracht wurde. Das letzte Foto von ihm machte ein Journalist durch das Milchglasfenster des Krankenwagens, ehe Scharon in den Operationssaal geschoben wurde. Alle Versuche, ihn zu retten, scheiterten. Seitdem wurde Scharon mehrmals operiert, am Magen und am Kopf. Seit Mai 2006 liegt er in der Reha-Abteilung des Schiba Hospitals.

Die Hoffnung der Ärzte, ihn wenigstens von der Beamtungsmaschine trennen zu können, um ihm eine Rückkehr auf seine Farm bei Sderot im Süden des Landes zu ermöglichen, hat sich nicht erfüllt.

Im Mai 2006 sagte Hospitaldirektor Prof. Zeev Rothstein bei einer Pressekonferenz, dass Scharon ein "kostbarer Patient" sei, ein "nationales Symbol", und dass deshalb eine "passive Euthanasie" ausgeschossen sei. Scharon werde wie "jeder andere Patient" behandelt, bevorzugt nur durch ein privates Zwei-Bett-Zimmer. Rund um die Uhr werde er von einer Schwester beobachtet. Der Staat übernehme die täglichen Hospitalisierungskosten in Höhe von 1.600 Schekel (etwa 300 Euro), plus Behandlungskosten und den Lohn der Schwestern.

Auch die Gesundheitsreporter sind nicht besser informiert. Die Radiojournalistin Ofra Nechmad sagt: "Um den habe ich mich schon lange nicht mehr gekümmert." Die Söhne Scharons, Omri und Gilad, besuchen ihn täglich.

Nur wenige Menschen dürfen das Zimmer Scharons betreten, nachdem sie einer genauen Überprüfung unterzogen wurden. Vor allem, so ein anonymer Augenzeuge, dürfe kein Handy mit eingebauter Kamera in Scharons Zimmer gebracht werden. Über die Behandlung Scharons, jenseits von künstlicher Ernährung und Beatmung, gibt es keine Angaben. Doch scheint er auch Physiotherapie zu erhalten, in der Hoffnung, dass er darauf reagiere.

Scharon, einst Israels starker Mann, gleichermaßen verhasst und bewundert, hat das öffentliche Rampenlicht verlassen. Dennoch mangelt es nicht an Gelegenheiten, wo er in einer Reihe mit den "großen Persönlichkeiten Israels" aufgezählt wird: Staatsgründer David Ben Gurion, Menachem Begin, der den Frieden mit Ägypten schloss, der ermordete Jitzhak Rabin, der Frieden mit Jordanien schuf und die Osloer Verträge mit den Palästinensern unterzeichnete. Zuletzt tat das Schimon Peres in seiner Antrittsrede zum Präsidentenamt und wünschte Scharon eine "schnelle Gesundung".

Quelle: ntv.de

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