US-General McChrystal "Schlangenfresser" und Asket
21.04.2010, 12:36 UhrEr isst nur einmal am Tag - um nicht träge zu werden. Und mehr als vier Stunden Schlaf pro Nacht gönnt er sich auch nicht: Afghanistan-Kommandeur Stanley McChrystal.
Kameraden nennen US-General Stanley McChrystal bewundernd und in Anspielung auf sein Elite-Training "Schlangenfresser". Der 55-jährige NATO-Oberkommandierende in Afghanistan braucht alle Zähigkeit und alles Durchhaltevermögen. Er muss den seit Jahren andauernden Abwärtstrend am Hindukusch stoppen - und endlich Erfolge in Afghanistan präsentieren.
Das meiste von dem, was der Absolvent der Elite-Militärakademie West Point in seiner mehr als 30-jährigen Karriere tat, ist als geheim eingestuft. Dazu gehören auch die Jahre zwischen 2003 und 2008, als er das Joint Special Operations Command befehligte, eine Einheit, deren Existenz das Pentagon jahrelang bestritt. Er war Chef aller Spezialoperationen im Irak. Von ihm geführte Kommandos machten Saddam Hussein ausfindig und töteten 2006 den Anführer von Al Kaida im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi. Die meisten Einsätze fanden nachts statt. Doch der von vielen als Workaholic und Militär-Intellektueller beschriebene Marathon-Läufer, der Hörbücher während des Trainings per iPod verschlingt, war auch tagsüber stets auf Posten, heißt es.
Trotz Kritik beeindruckt
Der Vier-Sterne-General mit dem schmalen, kantigen Gesicht und den sandfarbenen Haaren macht in Afghanistan eines immer wieder klar: Der Erfolg der militärischen Mission ist für ihn untrennbar mit dem Wohl der Menschen verbunden. Im Zentrum seiner Direktiven und Strategiepapiere steht daher vor allem der Schutz von Zivilisten.
Umso harscher reagierte der US-General, als die Bundeswehr im nordafghanischen Kundus im September vergangenen Jahres Luftangriffe auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster anordnete - neben Taliban-Kämpfern starben auch Unbeteiligte. McChrystal flog nach Kundus und übte bereits Kritik, als die Untersuchungen des Vorfalls gerade erst anliefen.
Doch der Ärger zwischen McChrystal und den Deutschen hat sich längst gelegt. Der US-General weiß, welche bedeutende Rolle die Bundeswehr in der ISAF spielt. Und er weiß, dass die deutsche Bevölkerung dem Einsatz immer kritischer gegenübersteht. Auch nach dem Tod der vier Bundeswehrsoldaten vom vergangenen Donnerstag wurden die Rückzugsforderungen wieder lauter. Vor den Luftschlägen von Kundus hatte McChrystal der Bundeswehr in Nordafghanistan "großartige Arbeit" attestiert, und das hat sich nicht geändert. Vor seinem geplanten Besuch in Berlin sagte er "Focus Online": "Ich bin wirklich von der Leistungsfähigkeit der deutschen Armee beeindruckt."
Quelle: ntv.de, Frank Brandmaier, dpa