Malaysia noch kompromisslos Todesstrafe wirkungslos
05.02.2008, 20:59 UhrDie Mordrate ist in Malaysia auf den höchsten Stand seit 20 Jahren gestiegen. Für Charles Hector, dem Vorsitzenden des Menschenrechtsverbandes von Malaysia, ist damit eindeutig bewiesen, dass die Todesstrafe vollkommen wirkungslos im Kampf gegen Kriminalität ist. "Im vergangenen Jahr wurden mehr Kinder denn je in unserem Land ermordet, obwohl jeder weiß, dass der Galgen dann unvermeidbar ist", sagt Hector, der auch Anwalt ist. Die Rechtssprechung des südostasiatischen Landes kennt bei Mord, Schusswaffengebrauch (auch ohne Opfer) und Drogenhandel nur den Freispruch oder die Todesstrafe.
Keine mildernden Umstände
Hector und seine Mitstreiter bemühen sich seit Jahren vergebens darum, wenigstens die obligatorische Todesstrafe aus dem Strafgesetzbuch zu verbannen. "Ein Richter muss Ermessensspielraum haben. Es ist doch absurd, dass ein Mensch, der eine schlechte Kindheit hatte, vielleicht sogar sexuell missbraucht wurde, bei einem Schuldspruch in einem Mordverfahren nur zum Tode verurteilt werden kann", so Hector.
Der Jurist verwahrt sich explizit gegen den Vorwurf, er stehe auf der Seite von Kriminellen. "25 Jahre Haft sind Zeit genug, um für die Tötung eines anderen Menschen zu büßen – zumal die Gefängnisse in Malaysia wahrlich nicht denen in Europa oder den USA zu vergleichen sind", fügt er hinzu. Artikel 3 der UNO-Menschenrechtscharta sagt ausdrücklich, dass jeder Mensch ein Recht auf Leben hat. "Warum soll ein solches Recht, das von einem so hohem Gremium wie die UNO angeregt ist, nicht in Malaysia gelten?", fragt Hector vielsagend. Im beinahe selben Atemzug bezeichnet er die Todesstrafe in den USA, als eine "unverständliche Schande".
Leben mit gerechter Strafe und groteske Gegenargumente
Mitte vergangenen Jahres glaubte Charles Hector am Ziel seines Kampfes zu sein. Der de facto Justizminister Malaysias Abdul Gani Patail hatte öffentlich gesagt, er könne sich "Gerechtigkeit auch ohne Todesstrafe" vorstellen. Die Regierung betitelte die Aussage allerdings schnell als "Einzelmeinung". Seitdem äußert sich der Chefankläger zu diesem Thema nicht mehr.
Als besonders grotesk empfindet Hector die Argumentation, die Abschaffung der Todesstrafe könne die Beziehungen zum benachbarten Singapur beeinträchtigen. Der kleine Stadtstaat am Südzipfel Malaysias ist nämlich, gemessen an seiner Einwohnerzahl, Hinrichtungsweltmeister. Statistisch gesehen wird jeder Hunderttausendste auf dem Eiland durch den Strang exekutiert. Es gibt ein Abkommen zwischen den beiden Staaten, dass der Straftatbestand des Drogenhandels in jedem Falle auf beiden Seiten mit dem Tode bestraft wird. "Soweit ich mich erinnere, sind wir ein souveränes Land. Singapur kann uns doch nicht diktieren an der Barbarei festzuhalten", empört sich der Anwalt.
Eine besondere Enttäuschung sieht Hector darin, dass Malaysia bei der UNO-Vollversammlung Ende 2007 gegen ein Todesstrafen-Moratorium gestimmt hat. Genutzt hat es nichts: der Antrag wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen. Bindend ist er allerdings nicht. Einen kleinen Erfolg hat der Jurist dennoch zu vermelden: Im Jahre 2007 wurden keine Menschen in Malaysia hingerichtet. Im Gegenteil – drei Menschen wurden in Revisionsverfahren sogar aus der Todeszelle entlassen und zu milderen Strafen verurteilt.
Quelle: ntv.de