Gesetz klärt Abstammung Väter mehr Rechte
21.02.2008, 19:00 UhrEs geht um Fragen von existenzieller Bedeutung. Ein Vater möchte wissen, ob er auch wirklich der Erzeuger seines Kindes ist. Ein Kind möchte wissen, von wem es abstammt. Und es gibt auch Fälle, in denen eine Mutter wissen möchte, wer der Vater ihres Kindes ist. Vor Jahrzehnten konnten solche Zweifel nicht ausgeräumt werden. Doch seit der Entschlüsselung der menschlichen Erbsubstanz in den 80er Jahren, kann ein Gentest Zweifel beseitigen - oder bestätigen. Rechtliche Sicherheit ist damit nicht unbedingt verbunden. Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung jetzt Klarheit schaffen.
Einfach, schnell und sicher - so wird im Internet für Vaterschaftstests geworben. Tausende versuchen, sich auf diesem Wege Gewissheit zu verschaffen. Dumm nur, dass heimliche Vaterschaftstests vor Gericht nicht als Beweismittel anerkannt werden. Dabei spricht auf den ersten Blick vieles für diesen Weg. Ein heimlicher Test beeinträchtigt zunächst das Kind überhaupt nicht. Es ist auch so einfach: Schon eine Speichel- oder Haarprobe genügt. Und fällt der Test negativ aus, sind die Zweifel beseitigt. Weder Mutter noch Kind erfahren davon, die Familie bleibt heil. Wenn aber der Test positiv ausgeht, was dann? Was geschieht mit dem Kind, wenn es erfährt, dass ein Vater gar nicht sein richtiger Vater ist?
Genetische Daten gehören zu den persönlichsten Informationen, die es über einen Menschen gibt. Auch für ein Kind besteht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Nach dem bisher geltenden Recht ließ sich die Frage der Vaterschaft mit einem privaten Gutachten nur dann problemlos klären, wenn alle Betroffenen einverstanden waren. Verweigerte sich einer, blieb nur eine Anfechtungsklage. Hatte ein Vater Erkenntnisse, dass er womöglich nicht der Erzeuger war, musste diese Klage innerhalb einer Frist von zwei Jahren erhoben werden. Dieses Verfahren hatte allerdings einen entscheidenden rechtlichen Nachteil. Stellte sich heraus, dass der rechtliche Vater nicht der biologische ist, dann war damit das rechtliche Band zwischen Vater und Kind zerrissen.
Ein Gesetz aus dem Hause Zypries
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sah Handlungsbedarf, nachdem heimliche Vaterschaftstests zunahmen. Schützenhilfe kam vom Bundesverfassungsgericht. Karlsruhe hatte im Februar 2007 über die Verfassungsbeschwerde eines Kommunalbeamten zu entscheiden, der heimlich einen Kaugummi der inzwischen zwölfjährigen Tochter seiner Ex-Partnerin testen ließ. Das Laborergebnis schloss ihn als Vater aus. Er focht die Vaterschaft an - erfolglos. Der Bundesgerichtshof lehnte die Verwertung heimlicher Tests ab.
Das Bundesverfassungsgericht bestätigte das Verwertungsverbot, gab allerdings dem Gesetzgeber auf, einen einfachen Weg zu eröffnen, um Zweifel an der Abstammung mit einem legalen Test überprüfen zu lassen. Als Zypries daraufhin heimliche Vaterschaftstests sogar unter Strafe stellen wollte, löste sie eine erregte Debatte und heftigen Widerspruch aus.
Der aus ihrem Hause stammende Gesetzentwurf erlaubt nun die Klärung der Vaterschaft unabhängig von einem Anfechtungsverfahren. Dabei muss, so betont Zypries, das Kindeswohl stets berücksichtigt werden. Vater, Mutter, Kind haben jeweils gegeneinander einen Anspruch auf Klärung. Verweigert sich ein Familienangehöriger, kann ein Familiengericht die Einwilligung ersetzen. In 80 Prozent der Fälle bestätigen Tests, dass der Vater auch wirklich der Vater ist. Unabhängig von dem neuen Verfahren kann auch weiterhin auf dem bisherigen Weg die Vaterschaft angefochten worden. Im Unterschied zum Anfechtungsverfahren bleibt im Abstammungsverfahren ein Mann, auch wenn er nicht der "biologische Vater" ist, der "juristische Vater" - wenn er denn will.
Von Norbert Klaschka, dpa
Quelle: ntv.de