Kundus-Angriff Was passierte wirklich?
06.09.2009, 17:19 UhrWas genau am Freitagmorgen in der Nähe des deutschen Camps in Kundus passiert ist, darüber gehen die Darstellungen auseinander. Während die Bundeswehr von "mehr als 50 Toten" ausgeht, berichtet ein NATO-Untersuchungsteam von 125 bei dem Luftangriff Getöteten. Eine Chronologie der Ereignisse:
3. September: Die Bundeswehr lässt einen von den Taliban errichteten illegalen Kontrollpunkt sieben Kilometer süd-westlich des deutschen Camps in Kundus beobachten.
3./4. September: Irgendwann in der Nacht bringen Taliban an dem Kontrollposten zwei beladene Tanklastzüge in ihre Gewalt. Die beiden Fahrer sollen getötet worden sein, nach Polizeiangaben wurden sie geköpft. Der verantwortliche deutsche Kommandeur, Oberst Georg Klein, fordert laut "Washington Post" einen amerikanischen B-1B-Bomber an, um nach den Tanklastern zu suchen.
4. September, gegen 1.50 Uhr: Bei der Durchquerung des Flusses Kundus, sechs Kilometer südwestlich vom deutschen Feldlager entfernt, bleiben die Taliban mit den Fahrzeugen in einer Sandbank stecken. Der Bomber entdeckt die Tanklaster laut "Washington Post" frühmorgens auf einer kleinen Insel im Kundus-Fluss, wo sie im Schlamm feststecken. Die Crew habe berichtet, dass sie Panzerfäuste und andere kleinere Waffen bei einigen der umstehenden Menschen ausmachen konnten.
4. September, gegen 2.20 Uhr: 30 Minuten später erscheinen zwei angeforderte Kampfjets vom Typ F-15E und übertragen Live-Bilder in das deutsche Kommandozentrum. Zugleich versichert ein Informant telefonisch, dass es sich bei allen Umstehenden um Taliban handele. Auf den Luftaufklärungsbildern sind etwa 100 Menschen rund um die Laster zu sehen, berichtet die "Post". Das Verteidigungsministerium betont, man habe mehrere Quellen zur Verfügung gehabt, um die Lage zu bewerten. Laut Berichten haben die Taliban in der Zwischenzeit Dorfbewohner gezwungen, beim Bergen der Laster zu helfen, zudem sollen Zivilisten zu dem Ort geeilt sein, um Benzin abzuzapfen.
4. September, 2.30 Uhr: Der deutsche Kommandeur gibt im Kommandozentrum in Kundus den Befehl zum Luftschlag.
4. September, 2.32 Uhr: Ein von der Bundeswehr angefordertes US- Flugzeug bombardiert die Laster mit jeweils einer 500-Pfund-Bombe. Auf dem Bildschirmen in der Kommandozentrale der Deutschen in Kundus ist laut "Washington Post" nach dem Abwurf der Bomben eine riesige Explosionswolke zu sehen. Einige kleine schwarze Punkte, die die wenigen Überlebenden darstellen, sind noch auf Bildschirm zu sehen. Es ist zu erkennen, wie sie sich von der Stelle weg schleppen.
4. September, 08.30 Uhr: Die Bundeswehr veröffentlicht um 6.00 Uhr deutscher Zeit auf ihrer Internetseite eine Mitteilung zu der Attacke. Titel der Erklärung: "Erfolgreicher Einsatz gegen Aufständische im Raum Kundus".
4. September, vormittags: Die Deutschen schicken nach Angaben der "Washington Post" entgegen der Direktive des ISAF-Kommandeurs McChrystal nicht sofort ein Erkundungsteam zu dem Angriffsort, sondern warten bis zum Morgen. Auch dann schicken sie nur ein unbemanntes Aufklärungsflugzeug, das Fotos macht. Thomas Raabe, Sprecher des Verteidigungsministeriums betont, dass deutsche Soldaten auf dem Weg zu dem Ort von Aufständischen angegriffen worden seien.
4. September, 12.30: Die ersten deutschen Soldaten treffen am Ort des Geschehens ein und beginnen mit einer Untersuchung. Zu diesem Zeitpunkt sind alle Leichen schon weggebracht.
4. September 13.09 Uhr: Die Soldaten werden von Aufständischen mit Handfeuerwaffen beschossen, erwidern das Feuer und setzen laut Bundeswehr ihren Auftrag fort.
Quelle: ntv.de, dpa