Dossier

PID und die Angst vor der Auslese "Wir stärken das Ja zum Leben"

Die PID ist in vielen Ländern bereits gängige Praxis.

Die PID ist in vielen Ländern bereits gängige Praxis.

(Foto: dpa)

Der Bundestag streitet über die Präimplatationsdiagnostik, kurz PID. Dürfen künstlich befruchtete Eizellen vor ihrer Einsetzung in den Mutterleib auf genetische Defekte untersucht werden - oder bereitet man damit den Weg für "Designerbabys"? Arbeitsministerin von der Leyen hat da eine klare Meinung.

Der Bundestag berät über die . Dabei geht es um eine Frage, die alle politischen Lager spaltet: Sollen Gentests an künstlich erzeugten Embryonen vor Einpflanzung in den Mutterleib strikt verboten werden oder sollen begrenzt Ausnahmen möglich sein? Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen erklärt im Gespräch mit n-tv, warum sie eine begrenzte Zulassung der PID für notwendig hält.

Die Auslese in der Petrischale berührt elementare ethische Fragen.

Die Auslese in der Petrischale berührt elementare ethische Fragen.

(Foto: picture alliance / dpa)

n-tv: Sie sprechen sich bisher für eine begrenzte Zulassung der PID aus. Schwächen Sie damit nicht eine doch recht starke CDU-Position des umfänglichen Lebensschutzes?

Ursula von der Leyen: Es geht hier um ein ganz starkes Ja zum Leben, ein Ja zu Kindern, denn wir sprechen hier von Paaren, die wissen, dass sie eine schwere Krankheit, eine Erbkrankheit weitergeben. Sie haben schon Fehlgeburten gehabt, sie haben Totgeburten erlebt, sie haben vielleicht bereits ein oder zwei schwerbehinderte Kinder, die sie liebevoll pflegen. Diese Eltern sagen: Wir wünschen uns ein Kind, aber wir schaffen das nicht noch ein zweites Mal. Deshalb wünschen diese Paare eine PID, das heißt, eine künstliche Befruchtung, wo vorher geschaut wird, im Reagenzglas, ob ein Embryo diese Erbkrankheit trägt oder nicht. Denn heute ist die Situation für diese Paare so, dass, wenn eine Schwangerschaft eingetreten ist, es dann erlaubt ist, alle vorgeburtlichen Untersuchungen zu machen und dann die Eltern entscheiden müssen, ob sie eine Abtreibung vornehmen oder ob sie das Kind austragen. Diese Eltern pflegen oft bereits ein behindertes Kind oder sie haben schon viele Totgeburten gehabt und diesmal ist der Wunsch nach einem Kind so, dass wir eigentlich über die PID sagen können, wir stärken das Ja zum Leben, wir stärken das Ja zum Kind.

Das Ausland zeigt ja: Da, wo die PID zugelassen ist, werden die Grenzen immer weiter ausgedehnt, bis zur Geschlechtswahl sogar. Da nenne ich mal das Szenario des so genannten Designerbabys. Warum sollte es ausgerechnet in Deutschland nicht so weit kommen?

Von der Leyen, selbst Mutter von sieben Kindern.

Von der Leyen, selbst Mutter von sieben Kindern.

Das mit dem "Designerbaby" ist völlig abstrus. Denn zum Beispiel Intelligenz oder Musikalität oder Sportlichkeit - das sind Dinge, die setzen sich aus ganz, ganz vielen Faktoren zusammen. Das hat nichts zu tun mit den schweren Erbkrankheiten, die an einem Gen hängen, von denen wir hier sprechen. Deshalb sagt der Gesetzentwurf auch: die PID in engen Grenzen zulassen, also in den Fällen, wo diese tragischen Schicksale der Eltern mit ihren Kindern oder den gestorbenen Kindern bekannt sind. Und wir sagen deshalb auch ganz klar: Es dürfen nur spezielle Zentren mit einer Ethik-Kommission, die berät und jeden Einzelfall auch entscheidet, überhaupt die PID vornehmen. Ich glaube, wir können nicht einfach sagen, Totalverbot oder völlige Freigabe, sondern wir müssen uns schon der Anstrengung unterziehen, zu sagen: genau hingucken bei diesen schweren Erbkrankheiten, bei diesen schweren Fällen, wo wir wissen, es kommt zum Tod in der Schwangerschaft des Kindes oder aber hinterher zu einer schweren Behinderung, die die Eltern nicht noch einmal schaffen können. Dass man in diesen Fällen ihnen gestattet, die PID vorher, vor einer Schwangerschaft zu machen und nicht erst in den Konflikt zu laufen, schwanger zu werden und dann entscheiden zu müssen, ob eine Abtreibung vorgenommen wird oder nicht.

Vor dem Hintergrund eine Frage an Sie auch als Arbeitsministerin: Behinderte Menschen und ihre Familien sind bei der Hartz-IV-Novelle nicht so gut gestellt wie Menschen ohne Behinderung, die noch bei ihren Eltern wohnen. Ist das nicht eine Ungerechtigkeit, die vielleicht neu geregelt werden müsste?

Hier hat sich am Recht nicht verändert. Wir wissen, dass Menschen mit Behinderung, die bei ihren Eltern wohnen, viel gemeinsam benutzen, zum Beispiel die ganze Einrichtung, zum Beispiel eine Küche – die muss nicht zweimal gekauft werden. Aber wir wissen auch, dass Menschen mit Behinderung Sonderzulagen, Sondermöglichkeiten bekommen. Wir schauen aber in diesem Fall jetzt noch einmal gemeinsam genau hin: Wie sind wirklich die Ausgaben, was brauchen sie wirklich im Alltag? Das ist im Augenblick in der Berechnung, das ist im Augenblick im Verfahren. Das Entscheidende ist, dass wir, wenn wir den Gedanken der Inklusion, also Menschen mit oder ohne Behinderung völlig selbstverständlich in der Gesellschaft aufnehmen, eben auch gerade die Frage, wie geht es im Alltag mit den Alltagsausgaben in Hartz IV, ganz konkret für alle gemeinsam, hinschauen müssen und dann die richtige Lösung auch finden müssen.

Quelle: ntv.de

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen