Zwischenruf Andere lernen schneller
15.04.2011, 12:08 Uhr
Ein Ausschuss des US-Senats wirft der Deutschen Bank vor, mit seinem Verhalten die Finanzkrise befeuert zu haben.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Ja, wir haben gelernt", tönte es während der Finanzkrise aus Kanzleramt und Ministerien. Getan hat sich de facto nichts. So kommt die nächste Krise noch bestimmter als bestimmt. Doch andere lernen aus dem Desaster.
Als sich manch die Bosse mancher Bankhäuser graue Asche aufs Haupt streuten, blies Deutschbänker Joseph Ackermann güldenen Feenstaub in die Welt. Der Tenor in der Hochzeit der Finanzkrise: Alle mögen Schuld haben, wir nicht.
Nun ist heraus, dass das Frankfurter Institut sehr wohl mitverantwortlich war für eine Krise, die in den Vereinigten Staaten und andernorts unzählige Menschen in die Armut getrieben und den Steuerzahler Milliarden und Abermilliarden gekostet hat und ... kosten wird. Strafrechtliche Konsequenzen wird es nicht geben. Neben dem Grundsatz "too big to fail"("zu groß, um zu scheitern") gilt immer noch "too important to be condemned" ("zu wichtig, um verurteilt zu werden").
Würden die Beteuerungen der Regierenden weltweit, man werde alles unternehmen, damit sich so eine Krise nicht wiederholen könne, in Sammelbänden veröffentlicht, würden es die Bücherreihen in den Regalen locker mit dem "Brockhaus", der "Encyclopedia Britannica" oder der "Encyclopédie française" aufnehmen. "Ja, wir haben gelernt" oder "ja, wir haben verstanden", tönte es damals aus Kanzleramt, Wirtschafts- und Finanzministerium. Getan hat sich de facto nichts. Die vielgepriesene Reform der Bankenaufsicht BaFin hätte das Prädikat "Bester Witz des Jahres" verdient. Allein: Zum Lachen ist es nicht. Und zum Heulen fehlen einem nach so viel Pharisäertum schon lange die Tränen.
Frei nach dem Alten aus Rhöndorf scheint sich kaum jemand für sein Geschwätz von gestern zu interessieren. So kommt die nächste Krise noch bestimmter als bestimmt. Doch andere lernen aus dem Desaster. Mit dem Beschluss der sogenannten BRICS-Länder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sich gegenseitig Kredite in den eigenen Währungen zu gewähren, zeigen sie der Immer-noch-aber-wie-lange-noch-Leitwährung US-Dollar eine Nase. Vielleicht sollte die Bundesregierung davon lernen. Man würde sich, um mal die Unkenrufer hierzulande zu zitieren, wie in der Libyenfrage im UN-Sicherheitsrat von der Weltgemeinschaft isolieren. Aber eine "splendid isolation" ohne Krise ist vielleicht gar nicht so schlecht.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und M oderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de