Philipp Rösler muss gründlich aufräumen Die Stunde des lächelnden Arztes
05.04.2011, 17:22 Uhr
Dem Gefäßchirurgen Philipp Rösler stehen noch manche Eingriffe bevor.
(Foto: dpa)
Philipp Rösler gilt als der neue liberale Stern in dunklen Zeiten. Doch wofür er steht und wie er die abgeschlagene FDP wieder aus dem Sumpf holen will, ist noch lange nicht klar. Und es könnte sich in Zukunft bitterlich rächen, dass er die zunächst angestrebte Kabinettsumbildung nicht durchgesetzt hat.
Die gute Nachricht ist: Gesundheitsminister Philipp Rösler, , ist ein freundlicher Herr. Er lächelt viel und gilt als besonnen, umgänglich und teamfähig. Krawallartige Töne im Stile Guido Westerwelles wird man von ihm kaum zu hören bekommen. Debatten über spätrömische Dekadenz und anstrengungslosen Wohlstand werden Deutschland erspart bleiben.
Doch da kommt auch schon die große Frage auf: Wofür wird der gerade mal 38-jährige stehen? In welche Richtung wird er die neue FDP führen? Für Liberale seien "Toleranz und Solidarität wesentliche Werte", schreibt er in einem liberalen Debattenbuch. Das klingt schön – unterscheidet sich aber auch nicht von Politikern anderer Parteien, die schon längst liberales Gedankengut übernommen haben.
Ob in Fragen der Bürgerrechte, der sozialen Verantwortung oder der marktliberalen Orientierung – überall verfechten inzwischen Grüne, SPD und Union liberale Werte und erscheinen dem Wähler oft überzeugender. Die alte sozialliberale Wählerklientel, von Westerwelle gründlich vergrault, wandert lieber zu anderen Parteien ab oder bleibt bei Wahlen gleich zu Hause.
Schwenk verwirrt Anhänger
Einzig mit ihrem Mantra der Steuersenkungen schien die FDP noch ein Alleinstellungsmerkmal zu haben – doch auch da ist der Tiger seit den Wahlen 2009 inzwischen zur Ente geschrumpft. Wenn die Kassen leer sind, lassen sich auch die schönsten Versprechungen nicht erfüllen, wie die Union nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen gleich klarstellte. Mit etwas Realismus hätten die Liberalen das auch schon früher erkennen können. Und nun verwirren sie auch noch vollends ihre verbliebenen konservativen Anhänger mit dem jüngsten 180-Grad-Schwenk in der Atompolitik und ihrer Enthaltung im UN-Sicherheitsrat. Wenn FDP-Politiker bisweilen wie Vertreter der Linkspartei oder Grünen klingen, überzeugt das nicht.
Jenseits aller programmatischen Verwirrungen haftet den Liberalen nun vor allem das Stigma an, eine marktradikale Partei zu sein, die, wenn sie es denn kann, Klientelwirtschaft betreibt. Mit seinem Einstieg in die kleine Kopfpauschale bei der Gesundheitsreform bildet Rösler hier keine Ausnahme. Rösler steht nun vor dem Dilemma, das Image der Liberalen verbessern zu müssen, ohne die Inhalte wesentlich ändern zu wollen.
Dabei hat Rösler mehrere Probleme: Die von ihm zunächst angestrebte Kabinettsumbildung kommt nicht. Er muss weiter den Posten des Gesundheitsministers bekleiden, auf dem sich Politiker gemeinhin nur unbeliebt machen. Was er scherzend erwähnt, könnte sich zum großen Nachteil entwickeln: "Es gibt keine Umfrage, bei der ich nicht an letzter Stelle stehe, außer ich glaube zwei, und da steht der Bundesaußenminister an letzter Stelle." Womit Rösler gleich ein weiteres Problem angeschnitten hat: Der selten ungeliebte Außenminister hält an seinem Posten fest. Ebenso wie Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und Fraktionschefin Birgit Homburger, die alle maßgeblich mit zu dem Niedergang der FDP beigetragen haben. Dass sich hier der freundliche Herr Rösler nicht durchgesetzt hat, könnte sich künftig bitterlich rächen.
Quelle: ntv.de