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"Warten ist keine Option" Eine letzte Mission für Merkel

Dass Bundeskanzlerin Merkel den Klimaschutz über Bord warf, lag zuerst an der Finanzkrise, dann an der FDP. Beide sind mittlerweile Geschichte. Höchste Zeit für Merkel, sich selbst beim Wort zu nehmen.

Zeit für Begeisterung. Auch in der Politik.

Zeit für Begeisterung. Auch in der Politik.

(Foto: dpa)

Die Rednerin hebt ihre Stimme nur leicht, doch mit ihrer Hand unterstreicht sie, dass jetzt etwas Wichtiges kommt. Immer wieder werde so getan, als koste Klimaschutz viel Geld, sagt sie, nur selten werde über den Preis der Passivität gesprochen. "Wenn es uns nicht gelingt, die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, dann werden die Kosten für die eintretenden Schäden um ein Vielfaches höher sein als das, was wir mit einer Änderung unserer Lebensweise jetzt erreichen können."

Es ist der 17. Dezember 2009, Merkel steht im Deutschen Bundestag, in wenigen Stunden wird sie zum Klimagipfel nach Kopenhagen fliegen. Die Szene ist eine unter vielen, die nahelegt: Der Kampf gegen den Klimawandel ist Merkel wirklich wichtig. Gewesen.

Denn gemessen am Notwendigen hat die einstige Klimakanzlerin nichts gemacht. Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. Als Umweltministerin war sie in den 1990er-Jahren eine der Wegbereiterinnen des Kyoto-Protokolls. Als Kanzlerin sorgte sie 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm dafür, dass US-Präsident George W. Bush den Klimawandel öffentlich als Tatsache anerkannte - was heute lächerlich klingt, war damals ein großer Schritt.

An diesem Montag hält Merkel wieder einmal eine Rede über den Klimawandel. Sie spricht auf dem Petersberger Klimadialog, einer Vorbereitungskonferenz für den Klimagipfel im Dezember in Peru. Sowohl in der Analyse als auch in ihren Forderungen wird diese Rede voraussichtlich diverse Nägel auf den Kopf treffen. Nur steht zu befürchten, dass die Kanzlerin ihre eigene Rede nicht ernst nimmt.

Die Finanzkrise und die FDP haben dafür gesorgt, dass Merkel den Klimaschutz über Bord warf. Beide spielen mittlerweile keine große Rolle mehr. Es ist Zeit für Merkel, sich wieder ein Ziel zu setzen.

Nun ist Merkel bislang zwar nicht dadurch aufgefallen, langfristige Ziele oder gar Visionen zu verfolgen. Aber Merkel ist Naturwissenschaftlerin, sie weiß, dass eine Verringerung des CO2-Ausstoßes eine dramatische Notwendigkeit ist. Sie ist die mächtigste Regierungschefin Europas, ihre Zustimmungsraten in Deutschland sind hoch. Wenn sie es wollte, könnte sie ihre Autorität nutzen.

An diesem Donnerstag wird Merkel 60, im kommenden Jahr wird sie zehn Jahre Kanzlerin sein. Möglicherweise ist dies ihre letzte Legislaturperiode. Merkel hat Deutschland ruhig durch die Eurokrise gebracht, sie hat der deutschen Politik Kohls Bimbes und Schröders Basta ausgetrieben. Das ist nicht wenig. Großes jedoch hat sie bislang nicht geleistet. Auch vor einem Jahr hielt sie eine Rede beim Petersberger Klimadialog. Ihr Schlusssatz war damals: "Warten ist keine Option."

Sie sollte sich endlich beim Wort nehmen.

Quelle: ntv.de

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