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Zwischenruf Gesundheitskrach

Von Manfred Bleskin

Wenn es um die Sache ginge, dann könnte man jetzt wieder zur Tagesordnung übergehen, meinte Ministerin Ulla Schmidt, nachdem Wirtschaftsweisen-Chef Bert Rürup sein Gutachten über die Gesundheitsreform vorgelegt hatte. Wenn es um die Sache ginge, dann würde man Politik statt Mathematik machen.

Und man hätte dieses Monstrum erst gar nicht auf den Weg gebracht. Dann hätte man alle Bürger aller Einkommensarten bis zur Beitragsbemessungsgrenze in die Finanzierung der Gesundheitsversorgung einbezogen. Stichwort: Bürgerversicherung. Diese und vorangegangene "Reformen" am solidarischen Gesundheitssystem haben der Mehrheit der Menschen in Deutschland nur mehr Belastungen gebracht, während sich die Arzneimittel- und medizinische Geräte herstellende Industrie eine goldene Nase verdient.

Wenn das Kind nun aber einmal in den Brunnen gefallen ist, und wenn es bestimmten Bundesländern, namentlich Bayern, nur darum ginge, ihren Einwohnern keine Mehrbelastungen aufzubürden, dann würden sie sich spätestens nach dem Rürup-Papier konziliant zeigen. Doch in der Münchner Staatskanzlei ist die Stoibersche Götterdämmerung angebrochen. Da braucht es einen Popanz sich zu profilieren. Für die Münchner CSU zumindest. Die "Berliner" Christsozialen in der Landesgruppe reagierten im Unterschied zur Parteizentrale positiv. Beiden ist das Hemd näher als der Rock. Dem angeschlagenen Edmund Stoiber geht’s um die eigene Zukunft als Ministerpräsident, seinen hauptstädtischen Emissären um die ihre als Bundestagsabgeordnete. Beides ist sehr menschlich, aber sehr wenig demokratisch.

In jedem Fall ist es ein weiterer Instabilitätsfaktor für die Große Koalition. Würden Bayern und die "conspirateurs" von Andenpakt II mit offenen Karten spielen, dann sagten sie, dass es ihnen um eine Schwächung der Kanzlerin geht und nicht um die Demontage der Pläne von deren Gesundheitsministerin. So prügelt man den Sack und meint den Esel, mit Verlaub.

Aber die Koalition bricht nicht auseinander. Man wird sich mit einer Verschiebung der Gesundheitsreform oder der Einführung nur eines Teils des Vorhabens, vielleicht einem anschließenden Revirement im Hause Schmidt aus der Patsche ziehen. Bis zum nächsten Krach.

So werden wir weiter haben, was wir bislang hatten: Ein Regierungsbündnis, das vor allem damit beschäftigt ist, ungebunden aufeinander einzudreschen.

Quelle: ntv.de

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